SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 6 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Geoff Engelstein
erschienen bei Frosted Games
Wo meine allererste Begegnung mit Flippern genau stattfand, kann ich nicht mehr sagen. Ich weiß nur noch, dass ich recht klein und mit meinen Großeltern und meinem Onkel im Urlaub war. Im Hotel befand sich ein Schwimmbad und darin standen diverse Automaten und eben ein Flipper. Für mich waren die Geräte dann auch sehr anziehend. So sehr, dass mich das Wasser dann beinahe kalt ließ und ich lieber dem Demo Modus der Spielgeräte zusah (etwas, das sich später im Alpamare in Bad Tölz mit einem anderen Automaten wiederholen sollte). Der schönste Moment war jedoch, als ich selbst die Metallkugel durch den Flipper schicken durfte. Alles andere als erfolgreich. Aber ein paar Punkte konnte ich schon ergattern. Zusätzlich wurde ich durch viel Bling-Bling und Geräusche belohnt.
Bis ich auf den nächsten Flipper traf, sollte einige Zeit vergehen. Der Moment kam, als ich in der Videothek vor Ort einen Waterworld Flipper ausfindig machen konnte. Über den Film müssen wir nicht diskutieren, aber der Flipper war richtig cool. Mit der Zeit hatte man dann auch herausgefunden, wie man mit dem Gerät umgehen muss und wie man dem Spiel den erwünschten Multiball entlocken konnte. Es war auch dieser Flipper, an dem ich mein erstes und bisher einziges Freispiel meines Lebens gewonnen habe. Aber das ist auch schon wieder eine gefühlte Ewigkeit her. Videotheken gibt es hier bei uns inzwischen genauso wenig wie Flipper in der freien Wildbahn.
Und so muss ich mir andere Alternativen suchen. Es bleibt einem natürlich das Videospiel (da fällt mir gerade wieder Epic Pinball ein!) oder aber nun auch Flippermania von Frosted Games. Aber kann das funktionieren? Kann ein schnelles und vor allem buntes Spiel mit Stift und Würfel punkten?
(Nazario Sauro)
Bevor man in das Spiel starten kann, muss man nicht nur die Regeln von Flippermania, sondern auch die des jeweiligen Tisches lernen. Als Grundlage dienen immer die zwei Würfel, die zu Zugbeginn geworfen werden. Von diesen muss man ein Ergebnis wählen und entsprechend der Kugelphysik verwenden.
Denn wie bei einem echten Flipper bewegt sich die Kugel nach bestimmten Regeln. So kann man definierte Ziele nur über den passenden Flipperarm erreichen. Außerdem muss die Kugel nach unten fallen, wenn sie nicht gerade erfolgreich von einem Ziel spickt. Um die Einhaltung der Regeln zu erleichtern, zeigen farbige Pfeile, welche Wege möglich sind.
Je nach Tisch bekommt man noch Sonderregeln präsentiert. Sei es beim Drachentöter das Aufleveln des Charakters inklusive zu erlernender Zauber oder bei Disco Fever ein spezielles Minispiel, das den Multiball ersetzt.
Etwas mehr Einfluss auf das Wurfergebnis hat man dann auch noch, indem man dem Tisch einen Schubs gibt. Doch dabei droht man sich einen Tilt einzufahren. Flipper-Veteranen kennen das. Das ist der Moment, in dem sich die Flipperarme abschalten und die Kugeln einfach im Aus landen. Sozusagen die Strafe fürs Schummeln.
Sind alle drei Kugeln gespielt, wird geprüft, wer die meisten Punkte sammeln konnte. Wer Lust hat, kann natürlich auch eine Highscore Liste führen.
Die komplette Spielregel zu Flippermania findet ihr hier. (externer Link)
(Friedrich Ludwig Bührlen)
Flippermania schafft es tatsächlich, das komplette Gefühl eines Flippers an den Spieltisch zu bringen. Inklusive aller Höhen und Tiefen. Es ist eine Freude, wenn man punktet, Multiplikatoren aktiviert und den Multiball wie ein junger Gott über den Tisch springen lässt. Gleichzeitig ist es aber eine äußerst solitäre Erfahrung, sodass man sich eigentlich schon wundert, warum das Spiel überhaupt für mehr als eine Person designt wurde. Denn außer dem Abgleich der Punkte am Ende passiert nichts, was das gemeinsame Spiel fördert. Aber das ist etwas, das viele Spiele (und vor allem Roll’n’Writes) genauso mit sich bringen. Und bei Flippermania wäre eine Regelung zum gemeinsamen Spiel schon thematisch schlichtweg falsch.
Gleichzeitig dauert eine einzelne Partie dann auch etwas zu lange für das, was geboten wird. Ja, man wird mit der Zeit schneller, aber wie in der realen Vorlage bringt erfolgreiches Spiel eben auch eine längere Spieldauer mit sich. Zumal sich alles stets wiederholt. Aber auch das kennen wir von den Geräten bereits. Und auch hier wird beim Ballverlust so ziemlich alles zurückgesetzt und man geschafft hat, was bedeutet, dass man mit den nächsten Kugeln eben wieder dieselben Schritte durchführt wie zuvor. Und genau das unterscheidet Flippermania dann auch von anderen Roll’n’Writes. Es gibt (größtenteils) keine Entscheidungen zu treffen, die mich das komplette Spiel über begleiten. Kröten, die ich schlucken muss, die mich später wieder einholen. Alles ist im Hier und Jetzt.
Was ich jedoch bis zur letzten Partie nicht in den Griff bekommen habe, war das Verwischen der Kreuze, wenn ich mal wieder mit einer der – zugegebenen sehr stylischen – Kugelfiguren drüber gefahren bin. In den meisten Fällen gibt es natürlich Möglichkeiten, achtsam zu agieren. Aber wir spielen schließlich einen actiongeladenen Flipper, da hat man keine Zeit, um aufzupassen.
Aber kommen wir zur alles entscheidenden Frage. Ist Flippermania gut? Kommt natürlich darauf an, was man von einem Spiel erwartet. Oben hatte ich ja erwähnt, dass Flippermania es schafft Momente zu erschaffen, die Spaß machen und mich gut fühlen lassen. Aber das ist halt etwas, das mit jeder Wiederholung nachlässt. Gut ist natürlich, dass man verschiedene Tische hat und so diese ersten Male mehrfach erleben kann. Wobei ich nicht alle Tische als wirklich gelungen empfinde. Am enttäuschendsten empfand ich Disco Fever, am interessantesten den Drachentöter.
Inzwischen empfinde ich das Spiel aber einfach noch als OK. Man kann es mal gut runterspielen, aber es löst in mir keine Begeisterungsstürme aus. Dafür wiederholt es sich zu sehr und erfordert gefühlt mehr Verwaltung, als Entscheidung. Inklusive dem Abstreichen der Sterne, wenn man mal wieder Punkte eingefahren hat. Wobei es dann auch Momente wie am Drachentöter Tisch gibt, bei denen es einen fast schon graust, wieder einen Haufen Punkte zu markieren. Garniert wird es mit einem Regelwerk, das zwar gut geschrieben ist, jedoch dennoch Einarbeitung voraussetzt. Das steht dann wieder im Gegensatz zu dem eigentlich lockeren, schnellen Spiel.
Ich bevorzuge nach Möglichkeit dann doch eher einen realen Flippertisch oder die digitale Version, da ich in Flippermania keinen Vorteil sehe. Aber eines ist dennoch unbedingt erwähnenswert. Ihr könnt Flippermania selbst testen, bevor ihr euch entscheiden müsst. Denn Frosted Games hat ein Print & Play zur Verfügung gestellt. Also wagt einen Blick und überzeugt euch selbst, ob das Spiel mit besonderem Thema etwas für euch ist.
Flippermania von Geoff Engelstein
Thematisch einmalig und dabei auch gut umgesetzt. Leider auf Dauer nicht spannend genug, um zu begeistern. Für eine Partie zwischendurch interessant, aber für das Gebotene doch etwas zu lange.
Christian:
Hinweis:
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