SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 6 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Mike Gnade, Samuel W. Bailey
erschienen bei Giant Roc
Was habe ich schon gefiebert, gelitten und gehofft, wenn es endlich zur Hauptverhandlung kommt. Wenn die Anwälte vor die Geschwornen treten. Perfekt in allem Kleidung, Gestus und vor allem der Sprache. Was würde ich für diese Eloquenz und Raffinesse geben, die es braucht um diese Sätze zu bauen. Sätze, die teilweise wie Gewehrsalven abgefeuert werden, die den Bösewicht dann zum Schluss doch noch dazu bringen zu gestehen. Einspruch, lässt mich genau das tun, es bringt mich in die Rolle des Anklägers oder der Verteidigung – Grandios!
(Graham Chapman)
„Einspruch“ ist ein Kartenspiel für genau zwei, einmal Verteidigung und einmal Anklage. Zu Beginn sucht man sich einen Fall aus, den man spielen will. In der Grundbox sind davon 2. Fall 0 ist dabei eher als Einführungsfall zu sehen. Jeder Spielende bekommt seinen Standardstapel (bei beiden gleich) und einen Teil der Karten aus dem Fall, per Zufall verteilt. Das Ziel und damit das Ende des Spiels kann je nach Strategiekarte etwas variieren. Ein Ende ist erreicht, wenn alle Im Wesentlichen geht es darum, die Geschworenen auf seine Seite zu ziehen. Die becirct man durch die Befragung der Zeugen, dem Kernelement von „Einspruch“. In jeder Runde spielt man um einen Zeugen den eine Spielerin auswählt. Jeder Zeuge hat eine Reihe von Symbolen, an diesen legt man abwechselnd Handkarten, die passende Symbole haben. Dabei gelten immer nur die Symbole der letzten gelegten Karte, so dass man eine Kette aus zuerst dem Zeugen und dann den Handkarten legt. Jeder der Karten hat einen Einflusswert, den man gutgeschrieben bekommt, wenn er die passende Farbe hat oder aber grau / neutral ist. Man kann passen wenn man möchte oder muss es wenn man kein passendes Symbol mehr auf der Hand hat.
Haben beide gepasst, gewinnt die Seite mit mehr Einfluss den Zeugen und darf die Geschworenen mit der Differenz der Einflusswerte beeinflussen.
Die komplette Spielregel zu Einspruch – Duell der Anwälte findet ihr hier. (externer Link)
(Aus „Eine Frage der Ehre“)
„Einspruch“ hatte mich gleich. Kaum sah ich Titel und Thema, war mir klar, das will ich ausprobieren! Sofort waren mir die Bilder, aus den vielen Justizthriller wieder präsent. Das ist aber schon einige Zeit her, inzwischen sind sie wohl eher aus der Mode gekommen. Aber vielleicht gibt es mal einen Marvel Justizsuperheldenfilm, das könnte das Genre wiederbeleben, aber zurück zum Thema….
„Einspruch“ spielt sich wie Tauziehen mit Karten. Nach dem der Zeuge aufgerufen wurde, legt man meistens eine Handkarte an, um die Kette mit Argumenten, Beweisstücken oder Methoden zu erweitern. Die Wahl der Karte bzw. die richtige Reihenfolge der Karten ist der Kern des Spiels. Nur wer die Karten, wie eine in sich schlüssige Argumentation spielt, kann den Zeugen gewinnen und die Geschworenen überzeugen. Die eine Karte muss also in die andere greifen. Abwechselnd hauen sich dabei die Kontrahenten die Karten um die Ohren, bzw. um die des Zeugen. Dabei gibt es Effekte im Spiel, die die beste Argumentationskette wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen lassen. Der namensgebende Einspruch zum Beispiel, über drei davon kann man in einer Partie verfügen. Hat die andere Seite zuletzt ein Argument gespielt, muss dieses durch den Einspruch aus der Kette entfernt werden. Ein anderer Karteneffekt macht ähnliches mit Beweisstücken. Solche Gemeinheiten, haben das Potential die beste Strategie zu pulverisieren und die Karten auf der Hand in einen nutzlosen Haufen Papier zu verwandeln. So ist man sich zu keinem Zeitpunkt sicher, dass der ausgeheckte, teuflische Plan auch wirklich aufgeht. Vor allem dann nicht, wenn alles nur an einer bestimmten Karte hängt.
Je nach Fall gibt es noch spezielle Karten die, die eine oder die andere Seite bevorzugen. Diese können das Spiel ganz extrem in die eine oder andere Richtung kippen. Ich konnte damit einmal knapp 30 Einflusspunkte ergattern und damit schon sehr viele Geschworenen auf meine Seite ziehen. Trotzdem die Party is not over, yet – die Gegenseite ist am Zug und kann trotzdem noch einiges reißen. Ich hatte schlussendlich gewonnen aber nicht vorzeitig.
Liest man die Regeln, schaut sich die Karten an oder liest meine Absätze oben, dann hat man den Eindruck eines sehr thematischen Spiels. Die Bilder und Texte unterstreichen das Thema und den Fall ausgezeichnet, die Symbole haben Namen (Lupe: Faktenbasiert, Herz: Emotion, Waage: Gerechtigkeit usw.), wenig davon hat sich bei uns verfangen. Das Thema hat es kaum in das Spielgeschehen geschafft.
Einzig und allein das Bild des Tauziehens drängte sich auf. Es ist sogar ein doppeltes, einmal direkt am Zeugen und zusätzlich bei den Geschworenen. In jeder Runde bilde ich im Kopf aus den Handkarten eine durchgängige Kette an Symbolen und hoffe diese legen zu können. Läuft es nach Plan, kann ich auch noch ein paar Karteneffekte mitnehmen. Habe ich mehr Punkte als die Gegenseite, ziehe ich Geschworene auf meine Seite. Hat die andere beim nächsten Zeugen mehr Punkte, geht es wieder in die andere Richtung.
Dieses Hin und Her wiederholt sich mit jedem Zeugen, der in den Stand gerufen wird. Mit jedem Zeugen fängt man wieder mit der Argumentation immer wieder bei Null an. Die Ausstattung und die Varianz an Karten und Möglichkeiten ließen uns Spannung, tolle Strategien und Winkelzüge erwarteten. Tatsächlich waren all unsere Partien oft nur von viel Hoffnung und Glück geprägt. Ziehe ich Mist auf die Hand kann ich kaum was reißen, mit genügend Pech legt der Gegner seine komplette Hand ab und punktet wie blöd. Das ist schon beim ersten mal unschön für die eine Partei. Passiert das einer Seite ein paar Mal in der gleichen Partie, wird es frustrierend für den einen und belanglos für den anderen. Irgendwann wirft eine Seite mental das Handtuch und lässt die Partie mehr oder weniger über sich ergehen.
Leider, wirklich leider, war das kein Einzelfall. Immer wieder kamen wir an die Stelle, dass eine Seite völlig abstürzte. Daher hat sich unsere Lust Einspruch zu spielen auf dem Niveau eingependelt, das einem „Richter Alexander Hold“ Binge-Wochenende entspricht. Ich hätte „Einspruch“ gerne gemocht.
Einspruch – Duell der Anwälte von Mike Gnade, Samuel W. Bailey
Ein sehr glücklastiges Kartenlegespiel, das uns nicht überzeugt hat.
Robert:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.
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