SPIELSTIL Rezension

Arctic Scavengers

Lesezeit: 4 Minuten

Ein Spiel entwickelt von Robert Kyle Gabhart
erschienen bei Rio Grande Games

Weitab jeglicher Zivilisation schiebe ich mich selbst immer weiter vorwärts durch fast hüfthohen Schnee. Meine Zehen kann ich schon seit gut einer Stunde nicht mehr fühlen und die, auf der weißen Oberfläche, reflektierende Sonne sticht in meinen Augen. Doch ich muss weiter. Immer voran, denn stehen bleiben ist keine Option. Ich will es noch einmal schaffen, bevor ich mein Vorhaben abbreche.

Willkommen in der dystopischen und saukalten Zukunft von „Arctic Scavengers“. Oder, wie ich es als Kind nannte. Ein ganz normaler Allgäuer Winter. Wir haben uns den Endzeit-Deckbuilder angesehen und sagen euch, ob er zwischen dem Überangebot an anderen Vertretern derselben Gattung hervorstechen kann.

Unser Herz verhärtet sich gern ein wenig, eh’ es schmilzt, gleich dem Schnee.

(Wolfgang Menzel)

Jeder Spieler versucht in „Arctic Scavengers“ die meisten Überlebenden um sich zu scharen. Dabei ist das Spiel recht übersichtlich und einfach aufgebaut. Wir können im Grundspiel Karten für vier verschiedene Aufgaben verwenden. Zumindest dann, wenn sie einen Wert dafür aufweisen. Neben dem Nachziehen von Karten und dem durchwühlen einer Müllhalde, können wir noch gezielt aus dem Markt kaufen. Zuletzt werden die Karten wichtig, die wir nicht ausgespielt haben, denn diese kümmern sich um die wichtigen, umkämpften Ressourcen. Dabei sind Karten ganz einfach einsetzbar. Ein Werkzeug gehört in die Hand eines Menschen und erhört dadurch dessen Wert.

Wir schicken einen Schläger und einen Überlebenden mit Schaufel zum Sammeln von Müll. Insgesamt dürfen wir dabei 3 Karten ziehen.

Neben dem normalen Markt gibt es noch den erwähnten Müllstapel. Je mehr Punkte wir bei seiner Aktion generieren können, desto mehr Karten dürfen wir ziehen. Eine davon wählen wir geheim. Heißt, unsere Gegner wissen nie, was wir schönes in unser Deck integriert haben.

Jackpot. Dreimal unnötigen Schrott gefunden. Jetzt nur nichts anmerken lassen.

Ab Runde drei kommt eine weitere Überlegung ins Spiel. Welche Karten halten wir zurück, um sie in den Kampf gegen die Mitspieler zu schicken? Denn die umkämpften Ressourcen bieten tolle Belohnungen, die man sich nicht entgehen lassen sollte.

Die 10 Kampfpunkte dürften ausreichen, um unsere Mitspieler in ihre Schranken zu weisen.

Ist der Stapel mit den umkämpften Ressourcen leer, gewinnt der Spieler, der die meisten Bewohner auf seinen gesammelten Karten vorweisen kann.

Aber das ist noch nicht alles, denn im Grundspiel sind noch zwei Erweiterungen integriert. Mit ihnen ist es dann beispielsweise möglich Gebäude zu bauen, Stämme zu beeindrucken oder die Sonderfähigkeit eines Anführers zu nutzen. Alternativ könnte man natürlich auch sagen, dass wir mehr Möglichkeiten bekommen um Siegpunkte… äh… Bewohner zu ergattern.

Alle Leidenschaften sind nur verschiedene Grade der Wärme und der Kälte des Blutes.

(François VI. Herzog de La Rochefoucauld)

Christian meint:

Es ist erstaunlich, dass ich mal nicht derjenige in unseren Spielrunden bin, der an einem Spiel herummäkelt. Denn mir persönlich hat „Arctic Scavengers“ recht gut gefallen. Gut, es ist kein Spielehit, aber dennoch solide, sehr gute Unterhaltung. Leider stehe ich hier bei uns, komplett allein auf weiter Flur. Dabei macht das Spiel so vieles richtig. Es löst sich von den in Stein gemeißelten Grundsätzen des Deckbuilders und wirft die langatmigen Kettenzüge komplett über Bord. Die Mechanik flutscht und so entsteht kaum Downtime, ohne dem Spiel seine Spannung zu rauben.

Die zwei zentralen Gebiete, in denen wir wertvolle Ressourcen finden werden.

Es wurde sogar an die nötige Interaktion gedacht. Denn durch den einfachen Kniff, dass am Ende der Runde noch ein Kampf folgt, der einem jedoch nichts zerstört, stehen wir ständig vor der Wahl auf Nummer sicher zu gehen oder doch auf die vielleicht größere Belohnung zu Spechten. Außerdem ist es immer wieder lustig, wenn man einem Mitspieler den vermeintlichen Sieg im Kampf durch einen gezielt eingesetzten Scharfschützen doch wieder vermasselt.

Die Anführer aus dem Fortgeschrittenen Spiel.

Ja, ich weiß. „Arctic Scavengers“ hat einen nicht zu unterschätzenden Glücksfaktor. Hier passt er jedoch rein. Beziehungsweise, ich kann selbst wenn ich Pech habe erfolgreich agieren, ohne den Abstand zu den anderen Spielern zu groß werden zu lassen. Und ein klein wenig Risikomanagement sorgt eben dafür, dass eine Entscheidung, wie viel Personal ich zum Beispiel für die Müllsuche aufwende, eben auch wichtig sein kann. Schade nur, dass man nicht alle Grundeinheiten aus dem Markt auch tatsächlich mit dem Start-Deck kaufen kann. Hierzu muss man erst einmal Medizin finden, da man die nötigen Kosten sonst nicht aufbringt.

Der komplette Markt im Grundspiel.

„Arctic Scavengers“ hat für mich alles, was ein gutes Spiel ausmacht. Ein schnelles, dabei nicht belangloses Spiel trifft auf ein düsteres Szenario. Die Mitspieler sitzen nicht nur am selben Tisch, wie ich, sondern bieten mir Berührungspunkte inklusive Knüppel zwischen den Beinen. Für mich zählt „Arctic Scavengers“ zu den besten Deckbuildern, obwohl er sich gar nicht wie einer anfühlt. Der Titel beweist, dass man ausgetretene Pfade ruhig mal verlassen darf.

Dir hat die Rezension gefallen? Du denkst wir liegen völlig daneben? Lass uns wissen was du denkst.

Arctic Scavengers von Robert Kyle Gabhart

Ein Endzeit Deckbuilder, der genug eigene Ideen mitbringt, um sich von anderen Titeln zu unterscheiden. Dabei spielt er sich nicht nur angenehm flott, sondern sorgt auch für einen großen Grad an Interaktion, der aber leider nicht jedem liegt.

Spielstil – Wertung

Christian:

8/10
Das gefiel uns
  • Endzeit Thema geht immer.
  • Bringt neue Elemente ins Deckbuilder Genre.
  • Mit Interaktion …
Das nicht so
  • … die leider nicht jeder mag.
Hier bekommt ihr „Arctic Scavengers“

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Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.

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Christian Renkel

Christian liebt Brett- und Videospiele mehr, als ausreichenden Schlaf. Dabei ist ihm am wichtigsten, dass er in der jeweiligen Welt versinken kann. Egal, ob es die geschickte Mechanik oder die überkochende Emotion ist.

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