SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 6 Minuten
Ein Spiel entwickelt von J.B. Howell
erschienen bei Corax Games
Es ist schon eine Weile her, da haben wir „Champions of Midgard“ getestet. Und während wir dort noch unser eigenes Dorf gegen allerlei mystisches Ungetier verteidigt haben, zieht es uns mit unseren Wikingern nun hinaus die die weite Welt. Oder das, was zumindest in näherer Reichweite unserer Schiffe liegt. Denn der Nachfolger „Reavers of Midgard“ legt bereits im Namen fest, dass das Programm nun eher vorsieht, dass wir uns die Wertgegenstände anderer nicht nur genauer ansehen.
Wir sind im Spiel auf Raubzüge ausgezogen und sagen euch, was das Spiel richtig macht und was uns daran gestört hat.
(Edda)
Reavers of Midgard reduziert das Worker Placement auf genau einen Arbeiter. Dabei ist es in bester Gesellschaft von Puerto Rico. Obwohl der Arbeiter dort Rolle genannt werden, funktioniert sie im Grunde auf dieselbe Weise. Denn jeder Spieler darf die gewählte Aktion ausführen, doch derjenige, der sie wählte, bekommt einen Bonus.
Insgesamt haben wir sechs Möglichkeiten, aus denen wir wählen können. Die meisten kosten uns Ressourcen. Nur zwei sind kostenlos. Als Erstes gibt es die Möglichkeit neue Wikinger anzuwerben. Dabei nehmen wir zwei Karten, für die wir entscheiden müssen, ob dieser Rabauke unser neuer Anführer, eine Verstärkung für unsere Mannschaft oder eine Bonusaktion wird. Der Anführer legt dabei fest, welches Würfelergebnis unserer Mannschaft als Joker gilt.
Dann ist es noch möglich mit einem Dorf zu handeln. Dort können wir entweder unsere Vorräte aufstocken, gezielt Mannschaftswürfel anwerben oder Orakelkarten aufnehmen. Diese geben uns am Spielende Punkte für verschiedene, erfüllte Aufgaben.
Doch wir wären nicht Wikinger, wenn wir nicht andere Dörfer plündern würden. Dadurch sammeln wir nicht nur Artefakte, sondern erhalten auch diverse Rohstoffe und Würfel. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit die Anwohner in Angst und Schrecken zu versetzen. Das bringt uns zwar Terrormarker ein, die am Spielende Minuspunkte bedeuten, aber die Ausbeute ist dafür umso höher.
Als Nächstes wäre da noch die Seefahrt. Hier gilt es Schiffe zu überfallen oder mächtige Monster zu töten. Wahlweise schaffen wir die Aufgaben, indem wir bestimmte Würfel abgeben oder uns in einen Kampf verwickeln lassen. Dann fordern wir zwar unser Glück heraus, welches jedoch stark beeinflussbar ist. Denn, wie viele Kampf-Würfel wir werfen, bestimmen wir selbst, durch die Anzahl an Wikinger mit Hammersymbolen, die wir abgeben. Als Belohnung winken nicht nur Siegpunkte, sondern auch Rohstoffe.
Und, wenn wir schon im Kampf sind, werfen wir einen Blick auf die Festungen, die wir plündern. Dort erhalten wir sammelbare Gegenstände, wie Kunst, Wandteppiche und Schätze. Außerdem dürfen wir auch hier kämpfen, um weitere Abzeichen zu verdienen. Bei allem gilt, je mehr wir davon haben, desto höher die Punktebelohnung am Ende des Spiels, wobei es mal gilt unterschiedliche Sets zu sammeln, mal möglichst viele gleiche zu haben.
Zuletzt ist es noch möglich, Gebiete zu erobern. Für diese müssen wir entweder Rohstoffe oder Würfel abgeben oder sie, wie oben bereits, im Kampf erobern. Alle haben eines gemein. Wir erhalten nicht nur eine Belohnung, sondern auch Runde um Runde Siegpunkte für gesammelte Gebiete.
Nach sechs Runden ist unser Feldzug vorbei und wir werten aus, wie viele Punkte wir gesammelt haben. Derjenige mit den meisten, gewinnt.
(Karl Ferdinand Gutzkow)
Auch, wenn es auf den ersten Blick anders wirken mag, ist Reavers of Midgard ein relativ einfaches Spiel. Zwar warten einiges an Aktionen und Auswirkungen auf einen, keine davon ist jedoch zu kompliziert, so dass man nicht überfordert wird. Gleichfalls legt es einem kaum Steine in den Weg, so dass man auch ohne langes Planen erfolgreich spielen kann. Natürlich noch besser, wenn man es geschickt angeht, aber selbst Anfänger werden nicht komplett zurückgelassen und haben am Ende des Spiels ein gutes Gefühl.
Erkauft wird das dadurch, dass die Siegpunkte sich, wie aus einem unendlichen Füllhorn, über einem ergießen. Dabei ist egal, welches Ziel man verfolgt, der Siegpunktmarker wird sich früher oder später scheinbar unaufhaltsam vorwärts bewegen. Natürlich könnte man nun annehmen, dass das ein Verweis darauf ist, dass unterschiedliche Spielweisen zum Erfolg führen können. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Denn so richtig unterscheiden sich die Wege dann doch nicht. Ok, ein klein wenig in der Art und Weise, aber nicht unbedingt, wie man diese spielen sollte.
Das macht Reavers of Midgard zu einem Spiel, das ich auch mit interessierten Leuten spielen kann, die zwar schon etwas fortgeschritten sind, aber keine Lust haben, Züge groß im Voraus zu planen oder sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wie scheinbar unüberwindbare Hindernisse zu bewältigen sind. Dafür ist es möglich, durch die Aktionswahl, kleinere Spitzen gegen die Mitspieler auszuteilen. Vor allem dadurch, dass man etwas wählt, wofür anderen die Ressourcen fehlen.
Schön ist auch, dass eine Partie flott gespielt ist und sich nicht bis in alle Ewigkeit zieht. Durch die vorhandenen Glückselemente – damit sind weniger die Würfel, sondern vielmehr die sammelbaren Karten gemeint – kommt es auch selten zu Verzögerungen. Denn durch die fehlenden Informationen ist es mir eben nicht möglich lange zu rechnen, wo ich eben einen Punkt mehr herausschlage, als woanders. Das macht Reavers of Midgard zu einem Bauchspiel, wie ich es mag. Wer jedoch nicht damit leben kann, dass man eben die erhoffte Belohnung nicht erhält, der wird hier so manches mal ein langes Gesicht machen.
So ist Reavers of Midgard ein Spiel, das ich gerne mitspiele. Ich darf mir nur nicht so viele Gedanken darüber machen, dass meine Entscheidungen zwar Spaß machen können, jedoch der Weg zum Ziel nicht ganz so wichtig ist. Es ist ein spielbares Popcornkino, das mir meinen Lieblingsübersetzungsfehler beschert hat, der mich auch heute noch Schmunzeln lässt.
Reavers of Midgard von J.B. Howell
Ein leichtes, schnell gespieltes Euro, das einen an allen Ecken und Enden belohnt. Dabei hätte das Spiel einem vielleicht weniger Möglichkeiten, aber mehr Hindernisse geben sollen.
Christian:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.
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