SPIELSTIL Rezension

Cardpocalypse

Lesezeit: 5 Minuten

Ein Spiel entwickelt von Gambrinous
erschienen bei Versus Evil

Ich war dabei. Als Magic den ersten richtigen Sammelkarten-Spiele-Hype nach Deutschland brachte, gab ich all mein gespartes Taschengeld aus, um immer weitere Booster zu kaufen, stets in der Hoffnung einmal eine ganz besondere Karte zu finden. Jedoch erhielt ich sie nie. Dennoch hatte ich bald eine große Sammlung an Karten, aus denen mein Bruder und ich uns Decks bastelten. Aber fast genauso schnell, wie mich das Spiel mitriss, ließ es mich auch wieder los. Dennoch glüht ein kleiner Funke in mir, der dafür sorgt, dass solche Spiele immer noch mein Interesse wecken können. Heutzutage jedoch eher digital, aber dennoch regelmäßig.

Da war ich natürlich auch sofort dabei, als es hieß, dass es, dass mit „Cardpocalypse“ ein weiterer Vertreter des Genres auf der Switch erschienen ist.

Ein Haus ohne Kinder ist wie eine Glocke ohne Zunge. Der schlummernde Ton wäre gewiß schön, wenn etwas da wäre, ihn zu wecken.

(Carmen Sylva)

Aber „Cardpocalypse“ ist kein reines Sammelkartenspiel. Vielmehr ist es ein Rollenspiel, in dem alle Kämpfe mit einer Partie „Mega Mutant Power Pets“ ausgetragen werden. Das angesagte Spiel zu einer Zeichentrickserie in dieser fiktiven Welt. Und auch unsere Protagonistin Jess ist ein Fan der Serie, kommt mit dem Kartenspiel jedoch das erste Mal auf ihrer neuen Schule in Berührung.

Das Kartenspiel ist dabei recht schnell erklärt. Jeder der Spieler hat einen Champion. Sind dessen Lebenspunkte auf 0, hat man verloren. In jeder Runde erhalten wir immer mehr Energie, die wir in das Ausspielen von neuen Karten investieren können. Diese beinhalten Monster, die für uns Kämpfen, Fallen, die unter bestimmten Bedingungen ausgelöst werden und Magie, die unsere Monster verbessern. Alles in allem haben wir das System natürlich schon in vielen anderen Spielen gesehen. Und das Spiel kann nicht verleugnen, dass wahrscheinlich Yu-Gi-Oh der große Pate war. Wobei es jedoch zwei Besonderheiten gibt. Sinkt das Leben unseres Champions auf 15, verfällt er sozusagen in Raserei und verbessert dadurch seine Spezialfähigkeit. Außerdem lassen sich Karten durch Sticker verbessern.

Die Welt von „Cardpocalypse“ erkundet Jess im Rollstuhl. Positiv, dass unsere Protagonistin mal nicht die auserwählte Übergestalt ist, sondern auch mal mit den Widrigkeiten des Alltags zu kämpfen hat. So habe ich mich mehrfach fluchend dabei erwischt, das ich mit dem Rollstuhl eben nicht mal schnell Treppen runterpreschen kann, sondern erst einmal umständlich zur nächsten Rampe fahren muss. Rollenspieltypisch führen wir auch hier viele Gespräche mit NPCs, die wir teilweise durch unsere Antworten beeinflussen können. Dabei fällt gleich auf, dass Jess nicht auf den Mund gefallen ist und auch so manch bösen Kommentar einfach nicht herunterschlucken kann. Ein ganz normales Mädchen, wie du und ich sozusagen.

Das Spiel wird noch durch kleine Aufgaben aufgelockert, die meistens jedoch nur darin bestehen von A nach B und B nach C zu rollen um zwischendurch mal wieder eine weitere Partie „Power Pets“ zu bestreiten. Zwar bietet das Spiel immer wieder auch Möglichkeiten eine Wahl zu treffen, jedoch beschränkt sich das zu sehr auf die Entscheidung, ob man nun Person 1 oder Person 2 helfen/verärgern möchte.

Wie geheimnisvoll ist alles für alte Menschen und wie klar alles den Kindern!

(Leo Nikolajewitsch Graf Tolstoi)

Christian meint:

„Cardpocalypse“ macht vieles richtig. Es gibt uns ein leicht zu erlernendes – aber gnadenlos zusammengeklautes – Sammelkartenspiel an die Hand. Schritt für Schritt hilft es uns den Einstieg zu finden und schafft es dabei den Schwierigkeitsgrad in einem angenehmen Maß zu steigern. Dabei weiß es uns das eine oder andere Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Sei es, wenn ein neuer Champion mit schreienden E-Gitarren in bester bombastischer Anime-Übertreibungsmanier vorgestellt wird oder, wenn unserer Protagonistin einfach mal etwas gutes widerfährt.

Aber es macht einfach auch vieles falsch. Über weite Strecken ist die Geschichte, das Kernstück jedes Rollenspiels, eher uninteressant. Vielleicht bin ich auch einfach zu lange aus dem Schulalltag raus, als dass ich mich damit identifizieren könnte, ob ich einem Rowdy nun einen gelungenen Streich spielen darf oder nicht. Auch gab es für mich keinen Charakter, der mir auf meinem Weg so richtig ans Herz gewachsen ist. Dafür wurden einfach zu viele Kinder oberflächlich angerissen, als dass ich eine richtige, persönliche Beziehung hätte aufbauen können. Die Partien des zentralen Sammelkartenspiels waren nach einer kurzen Eingewöhnung auch eher schmückendes Beiwerk. Die meiste Zeit musste ich mich nicht anstrengen, um zu gewinnen. Die paar Partien, die ich verloren habe, ließen sich auf eine extrem unglückliche Kartenhand reduzieren.

Grafisch ist das Spiel natürlich seinem eigenen Stil treu. Das kann man mögen oder nicht. Ich persönlich kann mich größtenteils damit anfreunden, finde jedoch viele der „Power Pets“ einfach nur extrem hässlich. Und ja, mir ist bewusst, dass die Entwickler hier die ganzen Kinderserien und die Hysterie darüber, wie sie zum Beispiel in den 90ern die Power Rangers auslösten, auf die Schippe nehmen. Aber dennoch ist es einfach nicht meins.

Was bleibt ist ein recht nettes Spiel, das man zwar immer wieder hervorholt, bei dem man aber auch liebend gerne auf die Story hätte verzichten können. Denn über kurz oder lang quäle ich mich eher weiter, einfach nur, um zu schauen, ob das wirklich alles war. Das bewirkt dann bei mir jedoch, dass ich immer seltener zur Switch greife, um weiter zu spielen, da die farblosen Charaktere schnell immer weiter verblassen. „Cardpocalypse“ ist vielleicht gut gemeint, aber es braucht einfach mehr, um mich zu fesseln.

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Cardpocalypse von Gambrinous

  • Erscheint bei Versus Evil
  • Für Einzelspieler Spielende und dauert –
  • Am besten geeignet für Einsteiger

Spielstil – Wertung

Christian:

5/10
Das gefiel uns
  • Nettes Sammelkarten-Rollenspiel.
  • Man popkulturelle Anspielung.
  • Unsere Protagonistin darf hier auch mal Schwächen haben…
Das nicht so
  • … die dann aber den Spielfluß zu sehr hemmen, um noch zum Nachdenken anzuregen.
  • Das Pech kann eine viel zu große Rolle spielen.

Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.

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Christian Renkel

Christian liebt Brett- und Videospiele mehr, als ausreichenden Schlaf. Dabei ist ihm am wichtigsten, dass er in der jeweiligen Welt versinken kann. Egal, ob es die geschickte Mechanik oder die überkochende Emotion ist.

So erreicht ihr Christian:

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