SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 1 Minute
Ein Spiel entwickelt von Flaminia Brasini, Simone Luciani, Virginio Gigli
erschienen bei Asmodee, Cranio Creations
„Lorenzo der Prächtige“ war ein Bankier und Politiker aus dem Geschlecht der Medici, der im 15. Jahrhundert in Florenz gelebt hat. Er überlebte nur knapp ein Attentat. Der damit abgewendete Putsch sorgte dafür, dass der Republik Florenz der Krieg erklärt wurde. Durch geschicktes Handeln konnte Lorenzo einen Friedensvertrag aushandeln, was seine Machtstellung festigte. Den Beinamen erhielt er wegen seiner Förderung der schönen Künste. Leider war sein wirtschaftliches Wissen nicht ganz so geprägt, so dass er entsprechend Rückschläge zu verantworten hatte. Wir können es jedoch besser und so begeben wir uns ins Florenz der Renaissance, um zu zeigen, dass wir mehr können, als der Namensgeber des Spiels.
(Gotthold Ephraim Lessing)
In „Lorenzo der Prächtige“ jonglieren wir mit unseren Familienmitgliedern, um rechtzeitig die richtigen Aktionen auszulösen. Wir erweitern Schritt für Schritt unsere Macht in einzelnen Bereichen, dürfen dabei aber die Religionsunterstützung nie aus den Augen lassen. An vielen Stellschrauben ergattern wir Siegpunkte, die uns beim Sieg über unsere Mitspieler helfen können.
In dieser Galerie findet ihr einen kurzen Ablauf des Spiels:
(Sprichwort)
Man sollte sich vor einer Partie „Lorenzo der Prächtige“ über eines im Klaren sein. Das Spiel ist ein unbarmherziger Hirnverzwirbler. Hätte ich es nach meiner ersten Partie bewertet, hätte ich nur noch darüber schimpfen müssen. Bestrafung der Erfolglosen und eine nicht eingängige Symbol-Sprache wären noch die kleinen Punkte gewesen. Ja, ich hatte die erste Partie verloren. Aber nicht nur verloren, sondern ich bin mit Pauken und Trompeten untergegangen.
Jetzt einige Spiele später, hat sich meine Meinung über das Spiel gebessert. Natürlich sollte man ausgeschlafen und entsprechenden Titeln zugeneigt sein, aber dann offenbart Lorenzo seinen Reiz. Die einzelnen Teilaspekte des Spiels sind recht gut miteinander abgemischt. Es gibt viele Wege ans Ziel, wobei die per Drafting erworbenen Anführerkarten natürlich einen gewissen Weg vorgeben können. Es gibt einfache Wege an Siegpunkte zu gelangen, wobei die „komplexeren“ dann doch etwas mehr Siegpunkte einbringen können.
Die oben erwähnte Symbolsprache von ist zwar nicht intuitiv, aber nach ein paar Runden dann doch eindeutig. Leider wurde es im Regelheft und der beiliegenden Kurzübersicht versäumt Unklarheiten auf einfache Art und Weise zu klären. Teilweise muss man sich noch durch Beispiele ackern, um bestimmte Symbole und ihre Bedeutung zu finden. Gleiches gilt für die Anführer. Auch bei diesen gibt es Sonderkarten mit Symbolen, die einem die Deutung nicht leicht machen. Die Anführer selbst sind dann noch auf der Kurzübersicht bunt zusammengewürfelt, so dass man schon etwas Zeit zur Suche aufbringen muss. Das bremst vor allem das Drafting zu Beginn des Spiels extrem, da jeder bei seiner kompletten Hand das Blatt zur Erklärung benötigt.
Ansonsten hat „Lorenzo der Prächtige“ alles, was ein Euro-Spiel ausmacht. Ein Thema, das im fortlaufenden Spiel immer weiter verschwimmt. Man denkt dann nur noch über Rohstoffe und Skalenpunkte nach, nicht, wie man Florenz zur Blüte führen könnte. Erneut besteht die Interaktion unter den Spielern im Grunde nur dadurch, dass man seinem Gegner ein Einsetzfeld vor der Nase wegschnappt. Dabei hilft es auch nicht, dass man geistig abschaltet (bzw. sich mit seinem nächsten Zug beschäftigt), wenn ein Mitspieler eine große Kette an Aktionen, Produktionen oder Ernten auslöst. Gut, man könnte sich alles erklären lassen, aber eigentlich ist man mit dem nächsten eigenen Problem beschäftigt und möchte nicht aus dem Gedankengang gerissen werden.
Macht das Spaß? Ja, mir schon. Nicht immer und nicht zu jederzeit, aber das effiziente Spiel eines solchen Brockens stellt natürlich auch eine gewisse Befriedigung dar. Wobei sich das Wort „Brocken“ eher auf die Verschachtelung und Nöte im Spiel bezieht, als auf die Komplexität der Regeln. Diese sind sogar erstaunlich leicht zu erlernen, was jedoch nicht bedeutet, dass man beim ersten Spiel nicht doch vollkommen überfahren vor dem Brett sitzt und sich fragt, was man denn jetzt eigentlich genau tun soll.
„Lorenzo der Prächtige“ ist ein Spiel, für Spieler, die eine neue Herausforderung mit kleinen, neuen Nuancen im Bereich des Experten-Euro-Spiels suchen. Wer bei entsprechenden Spielen sowieso bereits die Augen verdreht und JASE (= just another soulless eurogame) ruft, kann einen weiten Bogen darum machen. Das Spiel selbst wird einen nicht mögen. Im Gegenteil es wird euch Steine in den Weg legen und bestrafen. Lorenzo und ich haben inzwischen eine erfolgreiche S/M Beziehung aufgebaut. Es ist sozusagen für mich ein Teil „Fifty Shades of Grey“ Titel der Brettspielwelt.
Lorenzo der Prächtige – Asmodee – 2017 von Flaminia Brasini, Simone Luciani, Virginio Gigli
Christian:
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