Nehmen wir mal ein komplett unrealistisches Grundszenario an. Ein Staat steht kurz vor der Pleite. Aber es haben sich zum Glück Investoren gefunden, die dem entgegen wirken wollen. Sie möchte nicht nur in die heimische Wirtschaft Geld stecken, sondern auch dafür sorgen, dass weniger Arbeitslose Fachkräfte versauern. Und, wer hätte es gedacht, wir als Spieler schlüpfen in die Rolle eben jener Investoren und zeigen, dass wir meistern, woran die Politik scheitert.
Wir steigern das Bruttosozialprodukt
„Crisis“ ist in erster Linie ein Worker-Placement-Spiel. Wir setzen Manager ein, die sich für uns unter anderem um Arbeiter, Firmen, Rohstoffe und Exporte kümmern. Tun wir dabei etwas Gutes für den Staat steigen unsere Siegpunkte. Beeinflussen wir ihn schlecht, indem wir zum Beispiel Importieren, anstatt die heimische Wirtschaft zu schützen, sinken unsere Siegpunkte. Am Ende der Runde wird jeweils verglichen, ob wir unser Ziel erreicht haben. Entsprechend wird die Wirtschaftsanzeige des Staates angepasst. Haben wir zu wenige Siegpunkte sinkt sie. Ist sie auf 0 haben wir alle gemeinsam verloren. Sollten wir den Staat volle 7 Runden am Leben erhalten gewinnt der mit den meisten Siegpunkten.
Bebilderte Beispielszüge findet ihr nachfolgend.
The Wolf of Wall Street
„Crisis“ ist einer der Titel, der eine Bewertung gar nicht so einfach macht. Auf der einen Seite stehen tolle Ideen, ein nicht ausgelutschtes Thema und eine schöne Gestaltung. Auf der anderen Seite wirkt alles doch noch etwas unausgegoren. Zentraler Punkt ist ja der teilkooperative Faktor. Soll heißen, reißen wir uns nicht zusammen geht der Staat pleite. Aber, wie lässt sich das erfolgreich verhindern? Verzichtet man auf bestimmte Investments senkt man dadurch seine eigenen gesammelten Siegpunkte, dafür steigen die des Gegners. Klingt nicht nur auf dem Papier nicht ganz passend, auch in der Praxis ändert das so gut wie nichts an der Abrechnung Ende der Runde. Denn, ob ich in „Crisis“ ein Ziel übererfüllt oder lieber meinem Gegner unter die Arme gegriffen habe ist egal. Es wird lediglich die Gesamtpunktzahl verglichen. Und ob ich nun theoretisch 7 Pluspunkte habe und dabei mein Gegner 10 Minuspunkte hat oder ich bei 3 Minuspunkten bin und mein Gegner sein Ziel erreicht hat, die Differenz ist dabei jeweils -3. Schöner wäre meines Erachtens gewesen, wenn man zum Beispiel den anderen damit hätte helfen können, dass man sie mit Rohstoffen unterstützt, die man im Moment nicht braucht und dabei die Balance finden muss zwischen gerade genügend helfen, dass der Staat besteht und wenig genug, dass man danach selbst nicht schlechter dasteht.
Denn es macht Spaß in „Crisis“ Warenkreisläufe aufzubauen. Genauso, wie früher zu DOS- und Amiga-Zeiten mit dem ersten Siedler. Wenn man sieht, wie die heimische Wirtschaft floriert und Rohstoffe reinlaufen. Wenn man diese gewinnbringend exportieren oder für den nächsten Anlauf verwenden kann. Das Tüfteln, wie man Arbeiter nun genau einsetzt gehört mit dazu. Es ist immer wieder ein schöner Moment zu sehen, wenn es flutscht. Gleichzeitig ist es aber auch frustrierend, wenn es eben nicht klappt. Was verschiedene Ursachen haben kann.
Zum einen gibt es bereits im ersten Stapel Firmen, die 2 Rohstoffe benötigen, an die man zu diesem Zeitpunkt nur äußerst schwer rankommen kann. Zum anderen benötigt man für Firmen spezialisierte Arbeiter. Kommt man nicht an diese ran, weil sie eben nicht gezogen werden, der externe Arbeiter durch ein Ereignis blockiert ist, oder jemand anderes am käuflichen Arbeitsmarkt einsetzen musste, steht die Firma still. Steht die Firma still kommt kein Geld rein. Kommt kein Geld rein kann man nicht investieren. Kann man nicht investieren muss man zu viele sinnlose Züge durchführen.
An diesem Punkt komme ich gleich auf ein weiteres Problem des Spiels zu sprechen. Die fehlende Anpassung an die Spieler. Klar, mir ist auch bewusst, dass es eine Skalierung in „Crisis“ gibt. Diese besteht aber lediglich darin, wie viele Punkte man am Ende der Runde erreicht haben muss. Es gibt keine an die Spieler angepasste Maximalanzahl an Felder, in die man Manager einsetzen darf. Welche Firmen ins Spiel kommen, wie viele Arbeiter nachgezogen werden, wie viel Export möglich ist, etc. Alles ist gleich, egal, ob man Solo (also ohne Probleme) oder zu fünft spielt und sich dabei immens im Weg umgeht. Hier hätte man noch viel mehr machen müssen. Beispielsweise dafür sorgen, dass innerhalb der ersten 2 Runden jeder die Chance hat in eine Fabrik zu investieren, mit der man eine Grundproduktion starten kann. Es fehlt einfach am Balancing, bzw. fühlt es sich einfach falsch an, dass man ein Planspiel hat, bei dem dermaßen viel Glück die Auslage beeinflusst.
Nichts desto trotz macht „Crisis“ Spaß. Auch, wenn man Solo- oder zu zweit keine Probleme hat den Staat am Leben zu erhalten und zu viert/fünft das Spiel zu gefühlten 90 % an die Wand fahren wird. Das ist dann aber nicht frustig genug, um nicht sofort noch eine Runde zu spielen. Denn die Aufmachung lädt einfach zu einem „nur noch eine Partie“ Kreislauf ein. Und wer weiß, vielleicht schaffen wir es ja doch noch irgendwann den Staat mit mehr Spielern durch zu bekommen.
Crisis
Ludi Creations 2016
Autor: Pantelis Bouboulis, Sotiris Tsantilas | |
Dauer: ca. 15 – 20 Minuten je Spieler |
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Spieler: 1-5 | |
Schwierigkeit: Mittel |
Anmerkungen
- Kickstarter Projekt
Crisis – LudiCreations – 2016
- Erscheint bei LudiCreations
- Für 1-5 Spielende und dauert ca. 15 – 20 Minuten je Spieler
- Am besten geeignet für Fortgeschrittene
Spielstil – Wertung
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar selbst gekauft.
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RALF BRECHTEL
Hi, haben das Spiel auch und spielen voll Coop gg das Spiel. Ist mit 2 , 3 kleinen Regeländerungen schnell gemacht und bringt dann mehr Spaß.
Christian Renkel
Servus Ralf,
was hast du denn geändert?