Als ich das erste Mal von „Holding on“ gelesen hatte, war mein erster Gedanke, dass Brettspiele nun wirklich erwachsen geworden sind. Ein Thema, das keinerlei Leichtigkeit mit sich bringt dient als Grundlage der Erzählung einer Geschichte eines todkranken Menschen. Wir müssen es schaffen, dass er seinen Frieden finden kann. Kann ein Spiel feinfühlig genug sein, um dieses Thema zu verarbeiten?
Solange ein Mensch nicht zum Tode bestimmt ist, kann ihn schon ein kleiner Kunstgriff retten.
(Hartmann von Aue)
In „Holding on“ sind wir Mitarbeiter eines Krankenhauses und kümmern uns um den Patienten Billy Kerr. Neben der medizinischen Versorgung sind wir damit Beschäftigt Gespräche mit ihm zu führen, um ihm zu helfen vergangenes aufzuarbeiten. Dabei muss der Schichtleiter alle Mitarbeiter in drei Schichten aufteilen und aufpassen, dass nicht zu viel Stress entsteht. Stirbt Billy, wird er verlegt oder erfüllen wir die Siegbedingungen des Szenarios, endet diese Partie. Nach zehn siegreichen Szenarien ist das Spiel abgeschlossen.
In dieser Galerie zeigen wir euch ein Beispiel zum Spielablauf:
Hinter dem Tode geht die schöne Jungfrau Ewigkeit, und bindet in Garben, was er gemäht.
(Wolfgang Menzel)
Betrachtet man „Holding on“ findet man zwei Ebenen. Die rein spielerische und die dabei erzählte Geschichte. Letztere ist das eigentliche Herzstück. Hier wurde viel Aufwand betrieben. Die Storyline ist dabei weder abstrus, noch abwegig. Es ist etwas, was einem Menschen, der in gewisse Situationen gerät, tatsächlich widerfahren kann. Dabei schwingt stets ein sehr ernster Unterton mit. Wobei ein großes Problem ist, dass wir immer und immer wieder dieselben Erinnerungen erforschen. Stets dieselben Texte vorlesen und davon dann eher genervt als bewegt sind. Das wirkt nicht ganz ausgegoren und lässt Billy Kerr – unseren Patienten – noch farbloser erscheinen, als der abstrakte spielerische Teil.
Dieser ist äußerst repetitiv. Ich weiß nicht, ob es schon Kunst ist, das Spiel in seinen Wiederholungen wie Arbeit wirken zu lassen oder ob man diesen Part einfach nur stiefmütterlich behandelt hat. Denn im Endeffekt werden über die komplette Spielzeit die gleichen, wenigen Tätigkeiten ständig wiederholt. Dabei ist erstaunlich, wie leicht es einem fällt zu entscheiden, dass wir uns nun nicht um die Gesundheit des Patienten kümmern, sondern unser Ziel vorantreiben. Wir pokern also, ob er weiterlebt, nur um ihn in Gespräche verwickeln zu können.
Ist der spielerische Abschnitt nicht schon eher mau, kämpft dieser mit einem weiteren Problem. Das Regelwerk ist etwas abstrus im Aufbau und verschweigt bestimmte Details. Hier wird auf die Symbolerklärung verwiesen, wo man jedoch auch nicht immer die gewünschte Antwort findet. Die Formulierungen dort sind nämlich zu offen oder überhaupt nicht in den Regeln abgebildet, so dass man selbst interpretieren muss, was das nun zu bedeuten hat.
So braucht es einiges an Selbstbeherrschung, um „Holding on“ immer wieder zu spielen. Schließlich entfaltet sich der endgültige Reiz erst mit Abschluss des zehnten Szenarios. Dabei motiviert das Spiel auch dadurch nicht, dass Sieg oder Niederlage stark glücksabhängig sind. Ohne zu Spoilern hängt vieles oftmals davon ab, dass wir die richtige Karte(n) ziehen. Und gerade im letzten Zug zu scheitern, weil man kein glückliches Händchen hatte, bewegt einen eher nicht dazu dasselbe Szenario nochmals von vorn zu versuchen.
Dennoch ist „Holding on“ ein wichtiges Spiel. Es zeigt, dass man sich auch an unangenehme Themen heranwagen kann, ohne sie als Spiel in ihrer Wichtigkeit zu mindern. Trotzdem sollte man dann eben dafür sorgen, dass das Schicksal, welches in unseren Händen liegt, eben nicht so gesichtslos bleibt, wie es hier der Fall ist. Auch wäre es wichtig ein aufregendes Spielerlebnis zu bieten, das dieses Erlebnis stützt.
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Holding on
Asmodee
Autor: Michael Fox, Rory o’Connor | |
Dauer: ca. 60 Minuten je Partie | |
Spieler: 2 – 4 | |
Schwierigkeit: Fortgeschrittene |
Anmerkungen
Holding on – Asmodee – 2018
- Erscheint bei Asmodee
- Für 2 – 4 Spielende und dauert ca. 60 Minuten je Partie
- Am besten geeignet für Fortgeschrittene
Spielstil – Wertung
Hinweis:
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