SPIELSTIL Rezension

Farmerama – Ravensburger 2012

Lesezeit: 8 Minuten

Ein Spiel entwickelt von Uwe Rosenberg
erschienen bei Ravensburger

Ich weiß, diese Rezension ist genau das Gegenteil von dem, was ich hier veröffentlichen möchte. Ich habe sie vor einiger Zeit für Ravensburger geschrieben und finde, dass es zu schade wäre, wenn sie irgendwo in digitalen Archiven vor sich hin verrottet…
 
Farmerama
 


Einleitung

Farmerama ist derzeitig eines der bekanntesten Browsergames. Durch die breit gestreute Fernsehwerbung ist der Begriff sogar Nichtspielern (wie mir) geläufig. Aus Neugierde hatte ich mir das Browserspiel dann auch mal angesehen, jedoch schnell festgestellt, dass es nichts für mich ist. Dennoch finde ich es (als großer Brettspielfan) schön, dass auf diesem Weg ein neues Spiel von Ravensburger entstand. Bitte nagelt mich jetzt nicht fest, aber ich wage jetzt zu behaupten, dass es das erste Browserspiel ist, das es tatsächlich in eine Schachtel geschafft hat. Wirft man einen Blick darauf fallen einem neben den mit großen Kulleraugen ausgestatteten Tieren ein Name auf. Uwe Rosenberg. Der Name dürfte vor allem Vielspielern geläufig sein. Das von der Thematik her gleiche Spiel Agricola stammt aus seiner Feder und begeistert seit erscheinen. Muss man jetzt befürchten, dass Farmerama lediglich ein abgespecktes Agricola ist? Hier kann ich gleich eine Entwarnung geben. Nein, Farmerama und Agricola haben, bis auf das Thema, wenig gemein. Aber das versuche ich nun im Folgenden zu erklären.


Das Material

1 Aktionsrad
160 Plättchen mit Futterpflanzen (Karotten, Heu, Hafer, Mais) und Wasser
25 Zierbauten
4 Ackerland Tableaus
16 Tiere (Schaf, Schwein, Kuh, Pferd)
4 Punktetafeln
16 Punkteanzeiger
33 Karten
1 Reserveziergarten
3 Plättchen (Sonderaktionen für das Solo-Spiel)
1 Spielanleitung (Deutsch, Französisch, Italienisch, Niederländisch)
2 Spielaufbau-Übersichten (Deutsch, Französisch, Niederländisch)

Das Material ist schön gestaltet und die Pappe macht einen sehr stabilen Eindruck. Sehr schön fand ich auch, dass ein paar Zip-Tütchen beilagen, mit denen man das Material vorsortieren kann. Für mich als Spiele-Sortier-Fetischisten waren das zwar ein paar zu wenig, aber es ist ja kein Problem das Spiel nachzurüsten.


Die Regeln

Jeder Spieler erhält ein Farm-Tableau. Auf diesem ist ein Rad angebracht, das angibt in welchem Farmbereich aktuell welche Aktion ausgeführt werden darf. Keine Angst, das bleibt nicht fest bestehen. Je Wassertropfen, den ein Spieler abgibt, darf er das Rad um einen Bereich weiter drehen. Dies darf jederzeit vor, während oder nach dem Zug geschehen. Neben dem Tableau hat jeder Spieler einen Satz Karten für die auszuführenden Aktionen. Jeder Spieler wählt eine Karte aus und legt sie verdeckt vor sich ab. Die Karten werden gleichzeitig aufgedeckt. Nun führen alle Spieler zeitgleich ihre Aktionen durch. Ein allgemeines Rad in der Mitte gibt dabei an, wie oft welche Aktion ausgeführt werden darf. Hierbei wird unterschieden, ob man als einziger oder ob mehrere Spieler die Aktion ausgewählt haben. Sollten mehrere Spieler dieselbe Aktion ausgewählt haben, wird geprüft ob und wer eine der ausliegenden Zierbauten nehmen darf. Diese legt er in seinem Ziergarten ab und nimmt sich die darauf abgebildete Belohnung aus dem allgemeinen Vorrat (Plättchen, die Siegpunkte bringen, werden erst am Ende des Spiels berücksichtigt) Danach werden die Aktionen ausgeführt. Im Einzelnen lauten sie:

– Aussäen: Je nach Anzahl der angegebenen Aktionen darf der Spieler ein Futter-Plättchen aus seinem Vorrat nehmen und auf einem Beet ablegen. Das Rad auf seinem Tableau gibt dabei an, in welchem Bereich er das Plättchen ablegen darf. Danach legt er für jedes gepflanzte Plättchen ein weiteres aus dem allgemeinen Vorrat, das er darauf legt. Das ist dann sozusagen der Ertrag, den der Spieler durch das Säen erhält.

– Ernten: Hier gibt wieder das Rad auf dem Tableau drei Bereiche vor, in denen der Spieler ernten darf. Je dafür zur Verfügung stehende Aktion darf der Spieler ein Feld abernten. Das heißt alle beiden darauf befindlichen Futterplättchen in seinen persönlichen Vorrat nehmen.

– Füttern: Diese Aktion darf der Spieler beliebig oft durchführen. Er darf alle Tiere aus seinem Stall füttern (Schaf, Schwein, Kuh, Pferd). Hierfür gibt er die angegebenen Futterkärtchen in den allgemeinen Vorrat ab und stellt das Tier auf das durch das Rad auf seinem Tableau markierte Feld. Ein Tier darf natürlich nur dann gefüttert werden, wenn es noch im Stall steht und so auf die Weide geführt werden kann. Sollte ein Tier bereits auf der Weide stehen wird es nicht erneut gefüttert. Auf dem Rad des Spieler Tableaus befindet sich ein Schnullersymbol. Jedes Mal, wenn dieses auf ein Feld zeigt, auf dem Tier auf der Weide steht, wird dieses in den Stall gestellt. Dafür darf der Spieler den Siegpunktemarker des entsprechenden Tieres ein Feld nach oben schieben.

– Wasser: Das Rad in der Mitte gibt an, wie viel Wasser der Spieler für die Aktion aus dem allgemeinen Vorrat nehmen darf.

– Sämerei: Der Spieler prüft, von welchem Futterplättchen (inkl. Wasser) er kein einziges Exemplar in seinem persönlichen Vorrat hat. Von diesen nimmt er sich jeweils eines aus dem allgemeinen Vorrat. Danach darf er einmal die Aktion Säen ausführen.
Im Anschluss beginnt eine neue Runde. Das Allgemeine Rad in der Mitte wird weiter gedreht, so dass die Anzahl der für die Aktionen Aussäen, Ernten und Wasser ändern. Die Zierplättchen werden wieder aufgefüllt. Sollte das nicht möglich sein endet das Spiel, ansonsten wird eine weitere Runde nach denselben Regeln gespielt.

Am Ende werden folgende Punkte zusammengezählt:
– Die Markierten Punkte auf den Tableaus für von der Weide in den Stall geführte Tiere
– Die Anzahl an Futterplättchen im eigenen Vorrat/im Beet
– Die Siegpunkte aus den Plättchen im Ziergarten
– Die auf dem Tableau angegebenen Punkte für Tiere die noch auf der Weite stehen

Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.

Es gibt noch eine „Profi-Variante“ die sich in folgenden Punkten unterscheidet:
– Die Vergabe von Zierplättchen ist geändert und bevorzugt nicht diejenigen, die am weitesten hinten liegen
– Wasser kann nun auch eingesetzt werden, um die Anzahl an Säen und Ernten Aktionen zu erhöhen
– Es gibt fünf weitere Zierbauten, die in der Grundversion aussortiert werden


Für Gelegenheitsspieler

Ich habe in diversen Kommentaren zu Farmerama bereits häufiger gelesen, dass sich so mancher Gelegenheitsspieler erschlagen fühlt. Auch in meinen Runden mit besagter Spielergruppe sahen mich bei der Erklärung erst einmal große, unverständige Augen an. Ob hier nun unter anderem das viele Material auf dem Tisch mit dazu führt gleich in eine Art Schreckstarre zu fallen weiß ich nicht genau. Sobald man jedoch im Spiel selbst ist, wird auch der größte Zweifler schnell belehrt, dass das Spielprinzip eigentlich ganz einfach ist. Und so geht auch die zweite Spielrunde gleich viel schneller von der Hand. Dann entfaltet Farmerama sich als angenehmes Spiel, das in der Familie oder mit Freunden viel Freude bereitet. Man kann gemütlich vor sich hin spielen und wird, sofern man nicht ständig gravierende Fehler macht, die Chance auf den Sieg haben. Leider ist das Spiel dann viel zu schnell vorbei. Dem kann man jedoch entgegenwirken, in dem man den Ziergartenstapel etwas vergrößert.


Für Vielspieler

Was lässt sich für Vielspieler sagen? Diese Gattung wird relativ enttäuscht sein. Nicht weil das Spiel an sich nicht funktioniert, sondern weil es einem zu wenige Möglichkeiten gibt eine gute Strategie zu entwickeln. Im Endeffekt mach man immer wieder dieselben Aktionen Säen, Ernten, Füttern. Das mag einen ja noch die ersten Spiele bei Laune halten, aber irgendwann fehlt einfach der Tiefgang. Lediglich, wenn man mit Gelegenheitsspielern am Tisch sitzt, wird man sich lieber Farmerama zuwenden, als der Millionsten Partie Siedler. Ansonsten stört es einen, das man eigentlich tun kann, was man möchte, man wird Punktetechnisch kaum Unterschiede feststellen. Warum sollte man zum Beispiel das Futter überhaupt in Tiere investieren? Das Futter selbst ist fast so viel Wert wie das Tier selbst (Punktetechnisch). Und da sogar das Futter auf dem Acker zählt lohnt es sich sogar im Wechsel nur Säen und Ernten durchzuführen. Ein Beispiel. Um ein Schaf auf die Weide zu stellen muss ich zwei Heu- und zwei Karottenplättchen abgeben und das Rad noch mit genügend Wasser drehen, um das Schaf auf das erste Feld mit zehn Siegpunkten zu hieven. Verwende ich diese Plättchen um dreimal Säen (Durchschnittliche Anzahl an Sä-Aktionen) auszuführen habe ich schon 7 Punkte und dann sogar noch Plättchen zum Aussäen übrig, welche ich nächste Runde gleich wieder einsetzen kann, wohingegen die gefütterten einfach futsch sind. Schaffe ich es dann nicht einmal das Schaf vor Spielende wieder zurück in den Stall zu schaffen sind es dann sogar nur 6 Punkte, die zu holen sind (1 weniger, als wenn ich gesät hätte). Ein Pferd ist zwar mehr wert (der erste Schritt 13 Punkte), benötigt aber auch 6 Futterplättchen. Dasselbe Sä Beispiel von vorhin würde uns ganze 9 Punkte bringe und wir hätten die Plättchen immer noch übrig um weiter zu säen und zu ernten. Das ganze wird umso offensichtlicher, je mehr man auf Tiere geht. Denn jede weitere Siegpunktstufe eines Tieres ist immer eines weniger Wert. Ist der erste Schritt beim Schaf noch 10 Punkte wert, steigern sich die Spielpunkte im zweiten nur um 9 und im dritten um 8 Punkte. Und so kommt es einen vor, als ob man das ganze Spiel über nur Säen und Ernten muss um zu gewinnen. Wie viel Spaß das einem natürlich bereitet ist eine andere Frage.


Fazit

Farmerama ist ein nettes Spiel in schöner Aufmachung, das Vielspieler nicht so ganz befriedigen wird. Für ein nettes Spiel in der Familie ist es jedoch genau das richtige. Dann sollte man jedoch niemanden dabei haben, der alles bis ins kleinste Detail ausrechnet. Denn sonst stockt das Spiel, was zu Unmut führen kann. Wer direkt Einfluss auf seine Gegenspieler nehmen möchte ist bei Farmerama übrigens auch fehl am Platz. Hier spielt jeder für sich selber und man kommt höchstens bei der Aktionsvergabe und den Zierplättchen ein klein wenig in die Quere. Positiv anzumerken ist jedoch, dass man so gut wie kein Glück braucht, um zu gewinnen. So sind alle Zahlen immer offen. Dadurch wird man nicht überrascht, sondern kann sogar schön vorausplanen. Einzig das ziehen von neuen Ziergartenplättchen führt dazu, dass eine unberechenbare Komponente mit ins Spiel kommt (von den Mitspielern mal abgesehen). Für Gelegenheitsspieler dürfte das kurze Spielvergnügen und für Vielspieler der Mangel an verschiedenen Taktiken negativ aufstoßen. Im Durchschnitt gebe ich dem Spiel 3,5 von 5 Sternen. Gelegenheitsspieler dürfen hier gern noch einen Stern dazu addieren, Vielspieler einen Stern abziehen.

 

Farmerama

Ravensbuger 2012


Autor: Uwe Rosenberg
Dauer: ca. 45 Minuten
Spieler: 1 – 4
Schwierigkeit: Einsteiger

Anmerkungen

Farmerama – Ravensburger 2012 von Uwe Rosenberg

  • Erscheint bei Ravensburger
  • Für 1 – 4 Spielende und dauert ca. 45 Minuten
  • Am besten geeignet für Einsteiger

Spielstil – Wertung

Christian:

5/10

Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.

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Written by Christian Renkel
Christian liebt Brett- und Videospiele mehr, als ausreichenden Schlaf. Dabei ist ihm am wichtigsten, dass er in der jeweiligen Welt versinken kann. Egal, ob es die geschickte Mechanik oder die überkochende Emotion ist.

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