SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 11 Minuten
Ein Spiel entwickelt von André Spil, Rolf Sagel
erschienen bei Skellig Games
So könnte ein chilliger Samstag aussehen. In Coffee Traders setzt du dich für Fairtrade Kaffee ein und handelst mit den köstlichen Bohnen. Du sorgst dafür, dass Plantagen errichtet werden, Fairtrade Posten gebaut werden und der Kaffee geerntet und an Kaffeeröstereien in der ganzen Welt geliefert wird.
Coffee Traders spielt in den 1970er/80er-Jahren und holt dich gestalterisch und thematisch in die Welt der Kaffeebauern und Händler ab. Schon das Regelwerk das Coffee Trading Handbuch – ein umfassender Leitfaden für das Gewerbe und das Playerboard geben dir und deinen Mitspielern das Gefühl, geschäftige Kaffeehändler zu sein.
Nach dem Aufbau erwarten dich 2 bis 3 Stunden Kaffeegenuss auf eine mal ganz andere Art.
(Jessi Lane Adams)
In den drei Perioden 1970 | 1975 | 1980 spielst du dich durch 6 Phasen, in denen du baust, vorbereitest, Worker einsetzt und möglichst viel Kaffee generierst, um Verträge zu erfüllen und Cafés auf der ganzen Welt zu beliefern.
In der ersten Phase kannst du bis zu vier Aktionen ausführen.
Wie bei Euro-Games üblich brauchst du im Grunde alles davon. Ohne Plantagen kann nur wenig Kaffee generiert werden und du konkurrierst mit deinen Mitspielern um die Kooperative (Area in der Plantagen gebaut werden), die dir am Ende ganz ordentlich Siegpunkte bringt. Arbeiter müssen auf Plantagen eingesetzt werden, sonst produziert die Plantage nicht und du musst in der Arbeiterphase unter Umständen Strafen zahlen. Ohne Esel kannst du keine hochwertigeren Plantagen bauen, Schleichkatzen bringen dir den begehrten Joker-Kaffee und die Münzen – was soll ich sagen – ohne Moos nix los.
Diese Phase ist angenehm kurz und knapp: Du schaust, ob es Plantagen gibt, auf denen noch kein Arbeiter eingesetzt ist. Ist dem so, setzt du aus deinem persönlichen Vorrat einen ein. Hast du keinen, zahlst du entweder eine Strafe (wird von Periode zu Periode teurer) oder lässt dir von einem Mitspieler aushelfen (er bekommt einen Vorteil auf der Arabica-Leiste).
Jetzt wirds spaßig. Du hast bis zu vier Händler zur Verfügung, die du in Handelshäuser einsetzen kannst oder zum Bau eines Gebäudes nutzen kannst. Außerdem kannst du einen Händler aus dem Spiel entfernen, um dich auf der Arabica-Leiste zu pushen. Jede der genannten Aktionen kostet dich zwei Münzen.
Das Besondere hier sind die Huckepackaktionen, durch die deine Mitspieler in deinen Zug mit einsteigen können. Klingt interessant? Ist es auch!
Der aktive Spieler entscheidet sich für eine Handel- oder Bauaktion. Alle anderen Spieler können in die Aktion mit einsteigen. Gehst du in ein Handelshaus, dürfen deine Mitspieler auch einen ihrer Händler in das gleiche Handelshaus schicken. Das kostet die Mitspieler nichts, der aktive Spieler hat aber später Vorteile aus seiner Position.
Entscheidet sich der aktive Spieler für eine Bauaktion, können die Mitspieler auch ein Gebäude bauen. Dafür zahlen sie dem aktiven Spieler einen beliebigen Kaffee aus ihrem Vorrat.
Entschiedet sich der aktive Spieler einen Händler aus dem Spiel zu nehmen, um sich auf der Arabica-Leiste zu pushen, gibt es keine Huckepackaktion.
Bei der Ernte gehst du jede Kooperative durch und schaust, wie viel Kaffee dort produziert wird und welcher Spieler wie viel davon bekommt. Kaffee wird nur in den Kooperativen verteilt, in denen Fairtrade Posten gebaut wurden und / oder Händler stehen – es werden also nicht immer alle Areas gelootet.
Zuerst bekommen alle Fairtrade Posten einen Kaffee, dann der Spieler, der im Handelshaus ganz vorn steht. Der restliche Kaffee wird unter allen im Handelshaus vertretenen Spielern aufgeteilt, bis er leer ist bzw. jeder max. 5 Kaffee bekommen hat. Bleibt danach Kaffee übrig, verfällt er.
Anschließend bekommst du für jede deiner Schleichkatzen in Sumatra (Kooperative/Area) einen Kopi Luwak (Joker Kaffee). Deine Schleichkatzen kommen danach in deinen persönlichen Vorrat zurück.
Jetzt gilt: Die Letzten werden die Ersten sein. In umgekehrter Spieler-Reihenfolge verkauft ihr den gesammelten Kaffee über Verträge oder an Cafés. Dabei dürft ihr euren Kaffee auch euren aktuellen Wechselkurs entsprechend innerhalb eures Tableaus tauschen oder für den auf dem Tableau angegebenen Kurs einkaufen.
Am Ende deines Spielertableaus hast du 6 Verträge. Kannst du einen davon erfüllen, gibst du den entsprechenden Kaffee ab und holst dir den damit freigeschalteten Loot. Erfüllst du zwei zusammenhängende Verträge, erhältst du Bonus-Loot.
Möchtest du Cafés beliefern, suchst du dir zwei auf dem Spielbrett aus, setze deine Kaffeemenge entsprechen auf deinem Tableau zurück und besetzt die belieferten Cafés mit einer deiner Kaffeebohnen aus deinem persönlichen Vorrat. Du kannst alternativ auch nur ein Café beliefern, musst dann aber passen.
Ihr geht so lange in Spieler-Reihenfolge reihum und macht immer genau eine der beiden genannten Aktionen, bis alle gepasst habe. Wer zuerst passt, wird neuer Startspieler (der Zweite, der gepasst hat, wird Zweiter … etc.).
Jetzt wird aufgeräumt und ihr bereitet euch auf die nächste Periode vor.
Anschließend beginnt die nächste Periode (1975 oder 1980) wieder mit Phase1.
Das Ende des Spiels ist erreicht, wenn ihr die drei Perioden durchgespielt habt. Der Wertungsblock führt euch systematisch durch die Siegpunkte auf dem Spielplan und den Playerboards. Wer die meisten Siegpunkte hat, gewinnt die Runde Coffee Traders.
Die komplette Spielregel zu Coffee Traders findet ihr hier. (externer Link)
(Coffee Traders Regelwerk)
Aber sicher und es macht mir eine Menge Spaß, ihn zu traden. Sorry für das schlechte Wortspiel, es war zu verlockend. Aber mal im Ernst, Coffee Traders macht mir wirklich sehr viel Spaß. Ja, es ist ein langes Spiel – 2,5 bis 3 Stunden planst du locker ein – und ja, es kann streckenweise auch ein bisschen anstrengend sein, denn es verlockt zum Grübeln – selbst mich als bekennende Bauchspielerin. Dennoch habe ich nach jeder Partie ein gutes Gefühl und hatte einen guten Nachmittag / Abend.
Aber first things first: Das Spielmaterial ist sehr hochwertig. Die Playerboards und der Spielplan sind schön stabil und die Holz- und Kunststoffmarker geben ein wohliges haptisches Erlebnis. Auch die Gestaltung ist sehr schön und holt mich immer wieder ab.
Es gibt, wie bei einem guten Euro-Game üblich, mehrere Wege Siegpunkte zu generieren, aber keiner funktioniert komplett isoliert. Du musst also immer das große Ganze im Blick haben. Sonst schnappen dir deine Mitspieler beispielsweise die Qualitätspunkte (Stärke beziehungsweise Präsenz in einer Kooperative/Area) weg oder verkaufen an die lukrativsten Cafés, bevor du es tust. Aber keine Sorge, Coffee Traders ist nicht nur konfrontativ. Es gibt auch genügend Möglichkeiten, dein Ding durchzuziehen und oder sogar semi-kooperativ mit deinen Mitspielern zu interagieren.
Coffee Traders bietet viele Spielaspekte, zum Beispiel: Workerplacement, Area Control, kooperatives, Set Collection, die gut ineinandergreifen.
Kritik, natürlich gibt es die auch. Coffee Traders ist ein sehr hochpreisiges Spiel, das aber mit entsprechendem Material, Mechaniken und Spielspaß um die Ecke kommt. Aber warum zum Geier lässt man bei so einem wertigen Spiel das Inlay weg? Ernsthaft Skellig, warum? Wenigstens ein rudimentäres Inlay hätte bei der Preisklasse drin sein müssen!
Coffee Traders ein Spiel, bei dem man sicher ein / zwei Spiele braucht, um seine Strategie zu finden. Ich weiß, dass das für viele ein Kritikpunkt ist. Ich habe eher Spaß daran, Spiele zu entdecken und immer wenn sie auf den Tisch kommen, etwas Neues auszuprobieren. Entscheide am besten selbst, ob du das als Kritikpunkt siehst oder es für dich eher den Wiederspielwert pusht.
Kopf- oder Bauchspieler? Bist du Bauchspieler, dann spielst du Coffee Traders im Verhältnis flott runter. Wir hatten eine 3er-Partie in chilligen 2 Stunden. Bist du Kopfspieler? Glückwunsch: Hier kannst du deine grauen Zellen richtig fordern und hast eine lange Partie vor dir. Coffee Traders hält also für jeden etwas bereit? Ja, schon, aber nicht in Kombination. Spielen Bauch- und Kopfspieler zusammen kann die Partie Coffee Traders schnell frustrierend werden.
Was ich abschließend sagen muss, ist, dass man während dem Spiel schlecht abschätzen kann, wo man gerade steht. Durch die komplexe Wertung am Ende kann man während des Spiels nicht gut sehen, ob man im Vergleich zu den Mitspielern eher vorn oder eher hinten liegt. Das bessert sich aber mit der Erfahrung – je öfter man spielt, umso besser kann man sich selbst einschätzen.
Coffee Traders ist ein abendfüllendes Expertenspiel, das man am besten öfter mal auf den Tisch bringt.
Ich habe bisher eine Partie Coffee Traders auf dem Spielstil Spielwochenende gespielt. Unsere Partie dauerte locker über 3 Stunden inklusive Erklärung. Wir spielten zu fünft mit 2 Anfängern. Aus dem Grund habe ich die Meinung wie unsere “Das erste Mal” gegliedert.
Coffee Traders bringt uns in die Welt des Kaffeehandels im 20. Jahrhundert. Wir besitzen Anteile von Kaffeeplantagen in allen möglichen Ländern der Welt. Von ihnen kommen die Bohnen, die wir verkaufen oder mit denen wir Aufträge erfüllen. Das Spiel ist sehr belohnend, man bekommt für fast alles, was man erreicht Siegpunkte. Andererseits kann man sich bei Coffee Traders nicht völlig aus dem Spiel katapultieren. Das ist gerade als Anfänger angenehm, man hat mit den vielen Möglichkeiten genug zu tun. Fehler werden einem passieren, die lassen sich aber auch oft ausbügeln. Ich habe mich, um die Komplexität zu reduzieren, ganz stumpf darauf konzentriert, Aufträge zu erfüllen. Dadurch kam ich leichter in die Mechanismen des Spiels und war zudem auch ganz erfolgreich damit. Coffee Traders macht mit seinen Interaktionsmöglichkeiten viel richtig. Erstens gibt es viele Möglichkeiten dafür, sodass es sich nicht wie ein typischer Euro-Vertreter, also Multiplayer Solitär anfühlt. Zweitens ist man nicht nur konfrontativ unterwegs. Man verhindert beispielsweise, dass die anderen auf einer Plantage Gebäude bauen können. Bei anderen Aktionen unterstützt man sich sogar gegenseitig, durch “Huckepackaktionen”. Man darf also ebenfalls mitmachen, wenn jemand eine Aktion ausführt. Als Bezahlung gibt es z. B. Kaffee, da fragt man dann schon, welche Sorte denn gebraucht wird. Nice!
Das Spiel ist thematisch und atmosphärisch gestaltet, gerade die liebevoll illustrierten Spielplänen und Playerboards gefallen mir.
Coffee Traders ist kein Spiel für jedermann. Experts only! Man spielt insgesamt “nur” 3 Runden, jede Runde hat dabei 6 Phasen, in denen unterschiedlichste Aktionen durchgeführt werden. Es gibt also sehr viele Mechanismen und Kleinigkeiten zu verstehen und man muss mit ihnen direkt klar kommen. Die erste Runde dauerte eine gefühlte Ewigkeit, die beiden Letzten gingen dann etwas schneller. Das Thema Downtime schlägt schon stark zu, der Sweet Spot liegt definitiv bei weniger als 5 Spielenden. Coffee Traders ist extrem anfällig für Grübelstarre. Wir waren glücklicherweise alles Bauchspieler und brauchte trotzdem über 3 Stunden für die Partie.
Wir hatten eine gute Zeit während des Spiels. Das war aber weniger der Verdienst von Coffee Traders, sondern der Menschen am Tisch. Ich war durchaus angenehm beschäftigt, wegen der ganzen neuen Regeln gut herausgefordert. Mir fehlte aber das befriedigende Gefühl, das man bekommt, wenn ein Plan aufgeht. Ich konnte aber bei Coffee Traders keinen Spannungsbogen erkennen. Während der Partie und auch nach der letzten Aktion hatte ich absolut keine Ahnung, wie gut ich gespielt hatte und wie ich im Vergleich zu den anderen stand. Man bekommt für vieles Punkte, das Zählen am Ende ist schon eine Aufgabe für sich. Um das während des Spiels abschätzen zu können braucht es wohl einiges an Erfahrung. Ich bin mir aber nicht sicher, ob ich sie mir aneignen möchte.
Ich würde es schon nochmals ausprobieren. Jedoch steht es bei mir auch nicht besonders weit oben auf der Replay-Liste. Coffee Traders ist kein schlechtes Spiel, im Gegenteil. Es ist eine gute Mischung, aber vielleicht dürfte etwas mehr Koffein drin sein.
Coffee Traders von André Spil, Rolf Sagel
Coffee Traders ist ein abendfüllendes Expertenspiel, das man am besten öfter mal auf den Tisch bringt.
Sandra:
Robert:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar selbst gekauft.
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Drei Tage durch zocken? Für Sandra kein Problem. Open mindet für jede Art von Spielen zockt sie vom kleinen Karten Spiel bis zur 10 Stunden Raumschlacht was sich eben anbietet. Die soziale Interaktion und der Spaß am Spieltisch stehen bei ihr im Fokus. Details wie Grafik und Inlay fallen ihr besonders auf. Dabei kann sie sich auch mal herrlich über schlecht durchdachte Schachtelkonzepte aufregen.
So erreicht ihr Sandra:
Michi
Ich hab es auf dem Spielewochenende spontan das erste Mal mitgespielt.
Wie Robert geschrieben hat, die Unterhaltung war durch die Mitspieler gegeben und sekundär durchs Spiel ;). Spaß hat es mir trotzdem gemacht.
Auch ich wusste bis zum Ende nicht ob meine Züge Sinnvoll waren oder nicht. Was aber aufgrund der Komplexität und Vielzahl an Möglichkeiten normal ist, denk ich.
Die Endwertung war gefühlt sehr fummelig, da hätte ich ein einfacheres System erwartet. Nach 3 Stunden Partie noch 30 Minuten Endauswertung ist schon lang.
Coffee Trader stand auf meiner Wunschliste, allerdings wäre es wohl leider ein Spiel das zu selten auf den Tisch kommt und dann aufgrund der Regeln und Komplexität zu viel Einarbeitung brauchen würde. Daher werde ich es mir nicht holen.
Aber ich würde es jederzeit wieder mitspielen. 😉