Ich weiß nicht, wie es heutzutage so ist. Ich als Rollenspielkind der 90er bin mehreren Personen begegnet, die meinten cool zu sein, weil sie sich dem Motto „Carpe Noctem“ verschrieben hatten. Das waren dann meistens diejenigen, die man optisch als Student mit Babyface bezeichnen konnte, die versuchten böse zu wirken, es dabei aber nie über den Status stachliger Teddy hinausgebracht haben. Und alle hatten eines gemeinsam, eigentlich waren sie total nett. Und auch wenn so manche Rollenspielrunde bis spät in die Nacht hineinging, nutzten wir dann doch zusätzlich die Zeiten, in denen das Sonnenlicht nicht ausgeknipst war, um unserem Hobby zu frönen. Ob es jedoch eine Mischung aus obigem Motto und „Carpe Diem“ gibt, kann ich nicht sagen. Das ist ein Teilbereich des Lateinischen, der in Asterix-Heften nie behandelt wurde.
Heute, im Erwachsenenalter bin ich froh, wenn ich nicht beim Fernsehen auf der Couch einschlafe. Wobei, würde ich durch ein erholsames Nickerchen nicht auch irgendwie die Nacht nutzen? Egal, schließlich geht es heute wieder um ein Spiel, das man trotz des Titels zu jeder Tageszeit spielen darf.
Leichter ist es, viele Kamine zu bauen, als einen davon warm zu halten.
(Sprichwort)
In „Carpe Diem“ müssen wir unser zugewiesenes Stadtviertel aufbauen. Dafür bewegen wir uns geschickt über die Auslage, um die passenden Teile zu erhalten. Für komplette Häuser und Anbaugebiete werden wir belohnt, was auch nötig ist, um die ausliegenden Aufträge zu erfüllen. Wer am besten puzzelt und Ressourcen jongliert, wird die meisten Punkte erhalten und das Spiel gewinnen.
In dieser Galerie findet ihr ein paar Beispiele für den Spielablauf:
Man muss stets positiv verfahren, stets aufbauen und sich nicht mit dem Niederreißen des Fremden zu lange aufhalten.
(Johann Wolfgang von Goethe)
Christian meint:
Obwohl auf der Schachtel Stefan Feld und Alea prangen, ist „Carpe Diem“ ein Spiel, das man locker mit der Familie spielen kann. Dabei fühlt es sich fluffiger an, als ursprünglich gedacht. Denn es wurde an genügend Netze und doppelte Böden gedacht, so, dass niemand – der sich nicht unbedingt saublöd anstellt – richtig versagen würde. Das macht das Spiel für mich, trotz Ärgerfaktoren, zu einem Wohlfühlspiel. Klar wird man sich kurz aufregen, wenn ein Mitspieler ein dringend benötigtes Bauteil wegschnappt oder einen Auftrag blockiert, den man selbst auserkoren hatte, aber wie es der Monaco Franze schon immer sagte: „Ein bisserl was geht immer.“
Obwohl „Carpe Diem“ auf den ersten Blick für Neulinge vollkommen überbordend wirkt, ist der Einstieg gar nicht mal so schlimm. Viele Bauteile ähneln sich in ihrer Funktion und auch die Aufträge, sowie, dass sie mehrfach erfüllt und dabei durch Gold und Brot manipuliert werden können, geht sehr schnell in Fleisch und Blut über. Wobei Anfänger schon eine halbe Partie brauchen, um alle Faktoren und ihre Auswirkungen zu erkennen. Die Regeln selbst sind von gewohnter Alea-Qualität. Klar strukturiert dadurch weitgehend leicht zu erlernen.
Uns lag mit dieser Ausgabe die Neuauflage vor, die sich in zwei Dingen zur Erstauflage unterscheidet. Zum einen wurde die Bewegung der Spielfiguren erleichtert, was einen erheblichen Vorteil in Form der Übersichtlichkeit darstellt. Zum anderen gab es zuvor zwei Gebäude, die sich in der Farbgebung zu sehr ähnelten. Das Problem wurde behoben.
„Carpe Diem“ spielt mit kleinen Zwängen, die etwas Planung erfordern. Thematisch gesehen gibt es nicht allzu viel her. Dafür schielt der abstrakte Mechanismus zu häufig hinter dem Vorhang hervor. Dennoch werden die deutschen Bedürfnisse vollends befriedigt, denn am Ende des Spiels hat jeder etwas mehr oder weniger ansehnliches Aufgebaut. Die Verwendung von Punktekarten ist etwas umständlich und soll wohl für verdeckte Informationen sorgen, die es meiner Meinung nach jedoch überhaupt nicht braucht. Denn selbst, wenn ein Spieler führen sollte, kann man diesen nur bedingt beeinflussen oder gegen ihn spielen. Das macht das Element im Grunde genommen eher überflüssig und etwas umständlich in der Handhabung.
Mir persönlich gefällt das Spiel als mittelkomplexer, nicht allzu großer Hirnzwirbler, der dennoch ein bisschen Denkarbeit und Planung benötigt. Für die verwendete Spielzeit macht „Carpe Diem“ einen guten Job. Nichts was immense Begeisterungsstürme auslöst, dafür fühlt es sich dann doch zu sehr wie ein abstraktes Puzzle an.
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Carpe Diem
Alea
Autor: Stefan Feld | |
Dauer: ca. 60 Minuten | |
Spieler: 2 – 4 | |
Schwierigkeit: Fortgeschritten |
Carpe Diem – Alea – 2018
- Erscheint bei Alea
- Für 2 – 4 Spielende und dauert ca. 60 Minuten
- Am besten geeignet für Fortgeschrittene
Spielstil – Wertung
Hinweis:
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