SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 9 Minuten
Ein Spiel entwickelt von From Software
erschienen bei BANDAI NAMCO Entertainment
Ein Meisterwerk! 10/10! Es gibt keine Worte, um dieses faszinierende Spiel zu beschreiben. Superlative, die einem aktuell immer wieder um die Ohren geworfen werden, wenn irgendwo Elden Ring auch nur angesprochen wird. Aber kann das Spiel diesen Vorschusslorbeeren überhaupt gerecht werden? Oder folgt direkt mit dem Start die große Enttäuschung?Ich selbst bin seit dem ersten Tag in der offenen Welt unterwegs. Ich habe Blut und Wasser geschwitzt, meinen Controller verflucht und dabei mit anderen Befleckten (nein, das ist nichts Unanständiges, sondern entspricht den Figuren in Elden Ring) ausgetauscht. Knapp 100 Stunden habe ich in das Spiel investiert, dabei einiges ausprobiert und bin immer noch weit davon entfernt, es gelöst zu haben. Denn ich habe ein großes Problem. Aber das erzähle ich euch besser weiter unten.
(Elden Ring – Margit the Fell Omen)
Elden Ring greift die übliche Soulsborne Formel auf. Ihr werdet ohne großes Grundwissen in eine fremde, bedrohliche Welt geworfen, in der um jeder Ecke euer sicherer Tod lauern wird. Stück für Stück kämpft ihr euch voran, scheitert und findet euren Fehler. Versucht es erneut, scheitert. Und so weiter. Bis ihr es dann endlich geschafft habt und ein Glücksgefühl euren Körper wärmt. Eines, das ihr bei so vielen anderen Videospielen vermisst.Gleichzeitig ist Elden Ring Frust. Ein falscher Schritt, eine deplatzierte Ausweichrolle und ihr verbüßt euer Bildschirmleben. Das macht jedoch nichts, denn ihr werdet am letzten Ort der Gnade wiedererweckt, den ihr besucht habt und könnt es erneut versuchen. Wobei sich das Spiel noch eine letzte Gemeinheit aufbewahrt, die Soulsborne Veteranen nur zu gut kennen. Eure zuvor gesammelten Runen (Seelen, Blutechos oder einfach Erfahrung – nennt es, wie ihr wollt) verbleiben am Ort eures Scheiterns. Schafft ihr es lebendig zurück, könnt ihr sie wieder aufsammeln. Sterbt ihr jedoch auf dem Weg dahin, sind alle verloren. Egal, wie viele es waren und wie lange ihr benötigt habt, um sie zu sammeln. Aber eines kann ich euch versprechen. Gegen die Mechanik stumpft man mit der Zeit ab.Kern von Elden Ring ist neben der Erkundung der weitläufigen Welt ein Action betontes Kampfsystem. Es gibt eine Vielzahl von Waffen und Zaubern, die euch erlauben, die für euch passende Kombination zu finden. Das Spiel fordert euch direkt auf zu experimentieren. Seid ihr lieber der Schaden blockierende Tank, der mit einem einzelnen langsamen Hieb extremen Schaden austeilt? Oder doch eher geschickt orientiert? Weicht allen Angriffen elegant über eine Ausweichrolle aus, um dann im rechten Moment mit eurer schnellen Waffe zuzuschlagen? Oder wie wäre es mit Magie, die im Verlauf des Spiels immer mächtiger und ausladender wird? Alles ist möglich. Auch die wirrsten Kombinationen davon. Und damit noch nicht genug. Die meisten Waffen könnt ihr noch nach euren Charakterwerten optimieren, anpassen und mit den nötigen Buffs ausstatten. Und selbst dann hat man nur an der Oberfläche gekratzt. Denn From Software gibt euch hier einen großen Experimentierkasten, der euch immer wieder neue Möglichkeiten entdecken lässt. Und habt ihr mal eine tödliche Kombo gefunden, ist das natürlich wieder extrem befriedigend.Was erwartet euch noch so in Elden Ring? Eine riesengroße, offene Welt, die zum Erkunden einlädt. Ihr wollt nur der Hauptquest folgen? Keine Chance! Dafür findet ihr viel zu viel abseits des Weges. Seien es einzelne Dungeons mit eigenen Bossen, NSCs, Gegenstände, Geheimnisse oder einfach neue Feinde. Die Welt ist vollgepackt und es wird einiges an Zeit benötigen, um überhaupt einen Bruchteil davon zu sehen. Und damit nicht genug, ist es ansonsten noch möglich, mit anderen Spielenden zu interagieren. Sei es über das Nachrichtensystem, mit dem wir Tipps oder Bösartigkeiten (nein, keine Schimpfwörter, aber man kann andere schon mit falschen Hinweisen ärgern) hinterlassen und lesen können. Oder indem wir anderen bei Bosskämpfen helfen. Vielleicht seid ihr aber auch einfach darauf aus euer Können zu testen und euch mit anderen zu messen? Dann könnt ihr in andere Welten eindringen und mit dem dortigen Host kämpfen.Obwohl ich hier nun schon so viele Details erwähnt habe, ist es nur die Spitze des Eisbergs. Aber es gehört zu Elden Ring dazu, es selbst herauszufinden oder sich mit anderen auszutauschen. Also möchte ich nun nicht noch mehr verraten, um euch diesen Spaß nicht zu nehmen.
(Elden Ring – Godrick the Grafted)
Ich habe sie (fast) alle gespielt und geliebt. Angefangen hatte es mit Dark Souls, an dem ich mir die Zähne ausgebissen habe. Es hat einige Zeit gebraucht, bis sich der Schalter in meinem Kopf umlegte und ich verstand, was da auf dem Bildschirm eigentlich passiert und wie ich besser werden könnte. Danach ging es nahtlos mit Demon’s Souls weiter. Später dann Dark Souls 2, Dark Souls 3, Bloodborne (mit Platin-Trophäe), das Dark Souls 1 Remake und dann das Demon’s Souls Remake. Zwischenstopps gab es bei Lords of the Fallen und The Surge.Doch nichts konnte meinen Hunger nach wiederholtem Versagen so stillen, wie die Originale von From Software. Gleichfalls gefiel mir die Stimmung, die die Spiele aufbauten. Melancholische, aber dennoch verträumte Dystopien, in denen jegliche Hoffnung verloren schien. Bis ich kam und es immer und immer wieder versuchte. Als Elden Ring dann in den Startlöchern stand, war ich gleichzeitig voller Vorfreude und auch etwas Befürchtung. Freude, weil ich hoffte, dass die Soulsborne-Formel von From Software erneut zünden würde. Befürchtung, weil ich Open-World Spielen inzwischen sehr skeptisch gegenüberstehe. Außerdem ließ dieses Marketing Blabla bezüglich der Geschichte, die zumindest teilweise aus der Feder von George R. R. Martin stammen soll, dann noch die ein oder andere entfernte Alarmglocke schrillen. Doch inzwischen sind viele Spielstunden ins Land gegangen und ich habe eine Entscheidung getroffen. Ich liebe dieses Spiel!
Es vereint das beste aus zwei Welten. Und währen Ubisoft bei Open-World Spielen immer darin abdriftet, alles mit unnützen Nebenmissionen und Sammelquests voll zu quetschen, schafft es From Software die Welt selbst so mit Leben und Geheimnissen zu füllen, dass ich sie alle entdecken möchte. Und dennoch bin ich mir sicher, dass ich an vielem einfach vorbeirenne. Es gibt keine großen Neonschilder, die mir zurufen: „Hier! Ich bin auch da! Los hol mich und dann finde in diesem Gebiet noch 100 weitere Federn!“. Nein, Elden Ring ist eine Art Sandbox, die mich tun lässt, was ich machen möchte. Natürlich in bestimmten Regeln, die die Welt so aufstellt, aber dennoch kann ich mich in einer Session genau darauf konzentrieren, wonach mir gerade ist.
Und wieder befinde ich mich in dem typischen Soulsborne-Sog. Ich möchte immer besser, stärker und mächtiger werden. Und die Steigerung ist klar spürbar. Gegner, an denen ich mir noch vor 20 Stunden die Zähne ausgebissen haben, fallen inzwischen mit 1-2 Hieben. Aber dadurch wird das Spiel nicht wirklich leichter. Denn bereits im nächsten Gebiet wartet wieder jemand, der mit mir den Boden aufwischt. Was jedoch etwas frustrierend ist, man gerät durch das offene Konzept sehr leicht in Gegenden und an Gegner, die noch viele Level zu stark sind. Direkt nachdem man das erste Mal das Licht von Limgrave erblickt, könnte man zum Beispiel direkt in einen Bosskampf laufen. Aber selten wird das zu einem tatsächlichen Problem. Denn man kann sich meistens aus der Situation stehlen und woanders weitermachen. Das sorgt jedoch für viel Trial & Error, wenn man auf keinen Guide zurückgreifen möchte.Und die Playstation 5 Version hat noch ein weiteres Problem. Denn ich habe das Gefühl, dass die kurzen Ladezeiten (nach dem Ableben) vor allem dadurch erkauft werden, dass einzelne Objekte und Texturen erst im Spiel nachgeladen werden. Und zwar höchst offensichtlich direkt vor der eigenen Nase. Gut, das ist eher ein kleines, störendes Problem, aber es besteht dennoch. Woran man sich noch gewöhnen muss, es gibt einiges an Wiederverwertung. Betroffen sind einige Mini-Bosse, die sich (mit neuem Bewegungsmuster) wiederholen. Genauso Gegner und teilweise kommen einem auch manche Räume in Dungeons arg bekannt vor. Dem gegenüber stehen jedoch die vielen offenen und versteckten Gebiete mit wahrhaft herrlichen Ideen! Optisch wie spielerisch. Und ja, auch Elden Ring erzählt seine Geschichte nur selten offen. Häufiger muss man sich selbst einen Reim daraus machen oder in Gegenstandsbeschreibungen suchen. Aber das gehört zum Soulsborne-Gefühl dazu und ist mir weit lieber als ewige Stunden nichtssagender Zwischensequenzen und Textwüsten.
Aber eines ist auch so sicher wie das Amen in der Kirche. Könnt ihr mit Soulsborne Spielen nichts anfangen, wird auch Elden Ring daran nichts ändern. Das verhält sich in etwa so, wie bei mir mit FIFA. Egal, wie gut das Spiel ist, ich mag Fußball an der Konsole einfach nicht. Und dennoch möchte ich Elden Ring jedem ans Herz legen, weil ich es so liebe. Und hatte ich damals bei Demon’s Souls noch selbst abgewunken, bin ich froh, dass mich das Soulsborne-Virus inzwischen infiziert hat. Es gibt kaum ein dankbareres Genre mit derart belohnendem Spielgefühl.
Und das wichtigste, dabei ist Elden Ring auch sehr Einsteigerfreundlich. Auch, wenn es auf den ersten Blick nicht so aussehen mag und der ein oder andere nun einen panischen Lachkrampf bekommt. Viele Gefahren und Probleme aus anderen Soulsborne Spielen wurden bereinigt. Oder seid ihr zum Beispiel dank eines Angriffs schon von einer Klippe gestürzt und gestorben? So gibt es viele kleine, feine Justierungen, die das Spiel etwas fairer machen, als die Stiefgeschwister. Gleiches gilt für das Springen, das bisher auch nicht in der Funktion implementiert war.
Aber den Preis bin ich bereit zu bezahlen, wenn ich dafür ein derart atmosphärisches Meisterwerk spielen darf. Und ich weiß jetzt schon, dass ich noch viele Hundert Stunden darin versenken werde. Ich brauch in nächster Zeit keine neuen Titel für die Playstation 5. Ich habe erst einmal ausgesorgt. Und wenn ich es dann tatsächlich einmal geschafft habe, den letzten Boss zu erlegen, werde ich wohl mit einem Lächeln das New Game+ starten, damit ich in dieser herrlichen Welt bleiben darf. Also ja, Elden Ring ist trotz kleiner Probleme ein Meisterwerk, das seinesgleichen sucht. Eine neue Rekordmarke, die andere Designer erst wieder erreichen müssen.
Elden Ring – Playstation 5 von From Software
Auch wenn Elden Ring nicht alles richtig macht, liebe ich es durch die offene Welt zu streifen und meinen Weg durch eine unglaublich harte, dystopische Welt zu schlagen. Ich bin gespannt, was mich noch alles erwarten wird.
Christian:
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