SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 5 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Jean-Christophe Bouvier
erschienen bei Holy Grail Games
Während ich im realen Leben nie verstanden habe, was spannend daran sein soll, fremden Menschen dabei zuzusehen, wie sie gefühlt ewig im Kreis fahren, kann ich Autorennen in spielerischer Form durchaus etwas abgewinnen. Denn hier bin ich derjenige, der durch die eigene Fahrweise beweisen kann, dass ich am geschicktesten mit meinem Gefährt agiere. Brettspieltechnisch konnte ich mich hier immer auf Formula D verlassen. Ein nicht perfektes, aber höchst aufpeitschendes Spiel, das nicht alles richtig macht, aber eben unterhält.
Nichtsdestotrotz bin ich stets auf der Suche nach weiteren Brettspielen mit Rennthema. Um das eine zu finden, welches einfach alles richtig macht. Vielleicht habe ich mit Rallyman GT die Lösung gefunden?
(Peter Ustinov)
Je nach genutzten Reifen und den Wetterverhältnissen stehen Spielenden in ihrem Zug eine unterschiedliche Anzahl an Würfel zur Verfügung. Die wichtigsten sind die schwarzen Gangwürfel, die mit den Zahlen von 1 – 6 beschriftet sind. Mit diesen legen wir einen gewünschten Pfad aus, den wir fahren möchten. Dabei gibt es gewisse Vorschriften zu beachten. Man darf im Normalfall eben nur einen Gang hoch oder runter schalten. Bestimmte Kurven und Schikanen geben mit einer Zahl an, welcher Gang maximal verwendet werden darf, um sie zu bewältigen.
Neben den schwarzen gibt es noch weiße und rote Würfel. Die roten Würfel verwendet man, wenn man mal mehr als einen Gang herunterschalten muss. Dabei wird dann je übersprungenem Gang ein roter Würfel zum schwarzen dazugelegt. Die weißen wiederum sind dafür da, um den aktuellen Gang zu halten.
Nachdem wir unseren Pfad aus Würfeln ausgelegt haben, müssen wir uns entscheiden, ob wir unser Glück herausfordern oder nicht. Wenn ja, werfen wir alle Würfel gleichzeitig. Zeigen die Würfel dann mehr Ausrufezeichen als erlaubt, gibt es einen Crash. Der Lohn für das Risiko sind Focus Marker, die in Zügen wichtig werden, in denen wir die Würfel einzeln werfen. Denn hier können wir nicht nur jederzeit aufhören, um einen Crash zu vermeiden, sondern auch Marker einsetzen, um Würfel nicht werfen zu müssen.
Wer es schafft, nach den zu Spielbeginn festgelegten Anzahl an Runden zuerst durch das Ziel zu fahren, gewinnt.
(Sigismund von Radecki)
Auch wenn Rallyman GT weitaus planbarer daherkommt als Formula D, ist das Spiel weit davon entfernt, eine akkurate Simulation zu sein. Denn das Hauptaugenmerk für ein gutes Spiel liegt nicht nur darin, möglichst riskant zu fahren und zu hoffen, dass das Glück einem hold ist. Nein, Rallyman GT ist zusätzlich ein Stellungsspiel, bei dem es komplett essenziell ist, wo ich am Zugende stehen bleibe. Schließlich möchte ich nicht nur verhindern, dass meine Mitspielenden eine Schikane auf einfache Art bewältigen können, sondern auch dafür sorgen, dass ich im nächsten Zug beginne. Dies unterstützt der Mechanismus mit dem Würfelpfad sehr gut. Hier schieße ich eben nicht über das Ziel hinaus, sondern fahre maximal bis zu dem von mir gewählten Feld. Negativ fällt einem dabei nur die Thematik auf, die durch das ständige hoch und runterzählen der Gänge ad absurdum geführt wird.
Jedoch nimmt dies Rallyman GT auch einen wichtigen Aspekt. Das Emotionale. Das ist etwas, das Formula D besser kann. Hier fiebere ich direkt mit dem Würfelwurf mit und hoffe, dass ich eben nicht aus der Kurve hinausgetragen werde. Bei Rallyman GT trat dieser Effekt äußerst selten auf. Ja, auch hier müsste ich meine Würfel eigentlich anfeuern, was aber eher selten geschah. Ich kann mir das nur auf zwei Arten erklären. Zum einen ist da der entschleunigte Spielablauf. Das planerische sorgt dafür, dass ich nicht nur rational an die Sache rangehe, sondern benötigt auch etwas mehr Zeit als die Entscheidung: „Ich schalte jetzt hoch und würfle.“ Dadurch bin ich dann wohl bereits etwas abgeklärter. Auf der anderen Seite sind da die Token, mit denen ich eben das Risiko gezielt minimieren kann.
Wo wir aber schon bei den Token sind. Die liegen mir noch ein klein wenig quer. Denn durch diese werden Glückpilze für meinen Geschmack etwas zu sehr belohnt. Ja, man muss ein Risiko eingehen, um sie zu bekommen, aber bei uns führte es meistens dazu, dass eben derjenige gewonnen hat, der am häufigsten das Risiko einging und einfach Glück hatte. Denn spätestens im letzten Drittel konnte dieser aus dem Vollen schöpfen und konnte wie durch einen Autopiloten gesteuert ins Ziel schweben. Während ich das schreibe, klingt es für mich auch eher seltsam, aber während der Partien fühlte es sich einfach nicht richtig rund an. Genauso wenig wie das fast schon willkürliche Aussetzen, wenn ein Wurf mal im falschen Gang schief lief, ohne etwas zu riskiert zu haben. Was dann gleichbedeutend ist mit: „Du bist aus dem Rennen.“
Was mir äußerst gut an Rallyman GT gefallen hat, waren nicht nur der variable Spielplan, sondern auch die Wertigkeit aller Papp-Teile. Die Hex-Felder der Strecke sehen nicht nur gut aus und geben dem unthematischen Rennspiel ein hübsches Äußeres, sondern lassen sich in nahezu unendlichen Möglichkeiten stets neu zusammenstellen.
Somit ist Rallyman GT ein gut produziertes, aber nicht gut designtes Spiel, welches die Emotion und Geschwindigkeit aus dem Wettrennen nimmt. Es belohnt und bestraft eher willkürlich, obwohl es im Kern ein tolles Stellungsspiel mitbringt, dem am Ende dann doch die Stimmung fehlt.
Rallyman GT von Jean-Christophe Bouvier
Ein durchaus planbares, aber leider emotionsarmes und thematisch seltsam wirkendes Autorennspiel.
Christian:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.
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Braz
Heute habe ich wieder einmal keine Rose für dich 😉
Wo fange ich an *hüstel*
Rallyman GT halt ich für eine erfrischend neue Idee bei den Autorennspielen und das Spiel vermittelt mir sehr gut, wie man im hohen Gang durch die Kurve slided und hofft in dieser auch zu bleiben….immer getrieben von dem, der gerade von hinten kommt. Du sprichst das Emotionale an…das habe ich bei Rallyman GT auch. Was mich bei Formula D schon immer störte: Die notwendigen Stopps in einer Kurve: Komme ich da mit meiner Augenzahl exakt hin, dann kann ich mit 1 Stopp und 200 Sachen durch eine enge Kurve brettern…einfach weil der Stopp super günstig kam…ein anderer muss hingegen, weil er zuvor schlecht gewürfelt hatte, in Vollstopp gehen und verliert so ordentlich an Geschwindigkeit und Materialabnutzung.
Beides sind gute Rennspiele, die mE sehr gut die Stimmung des jeweiligen Sports (Formel 1 versus Ralley Sport) transportieren. Von daher bekommt Ralleyman auf jeden Fall eine 7-8 (7.5..Tendenz zur 8 weil ich mich tatsächlich auf nächste Partien freue) von mir, da ich es gerne spiele, es schnell erklärt ist, die Stimmung sehr gut rüber kommt und einfach Spannung im Spiel bei mir ist.
Christian…was machst du…es brechen uns die gemeinsamen Spiele immer mehr weg für den nächsten Treff….. 😉 (Spässle). Mit Robert kann ich schon nicht mehr spielen, weil der wahrscheinlich beim nächsten Treff das Dune wegsuchtet, was ich ja bekanntlich nicht mag, und nun dies….. 😉
Auf BGG hat Rallyman GT bei 2300 abgegeben Stimmen eine 7.4, was ich nachvollziehen kann: Es ist kein Knaller, aber mE ein gutes Spiel und mE weitaus mehr als „nur“ Mittelmaß zu sein (=5`er Wertung)
Christian Renkel
Eigentlich wollte ich nur schauen, ob ich dich zu einem Kommentar triggere. 😉
Außerdem dachte ich, wir spielen beim nächsten Treff einmal KDM komplett durch?
Aber mit dir würde ich sogar nochmal Rallyman spielen. Nur egal, in welcher Konstellation ich es bisher spielte, war es halt einfach… ok…
Damit ich dich nicht so richtig schocke, werde ich wohl besser nicht sagen, was ich von Agricola halte…
Robert Alstetter
Ja klar. Dune ist gut aber nicht sehr gut. Es übertrifft weder Monopoly noch Phase10 meine wirklichen Lieblingsspiele, die werden wir alle beim nächsten Treffen spielen 🙂 * Ironie aus *
Christian Renkel
Robert… allein dein Blick wäre es mir schon wert mit dir Monopoly und Phase 10 zu spielen. 🙂
Christian
Autsch! Vielleicht vorher etwas Motoröl trinken? Oder an der Autobahn rasten und den Lärm konservieren? Ich kenne GT nicht, aber Dirt und das hat eine ähnliche Grundmechanik, allerdings fährt man auf Zeit und das halte ich für sehr spannend. Was ich da alleine Solo digital bei Tabletopia abgerissen habe… Jede Runde wurde ich wie am echten Simulator ein paar Sekunden besser. Freue mich schon wahnsinnig auf die Auslieferung! Dann wird die Kupplung gebügelt! Wertet ihr das auch? Dann kommt es zum Duell, ihr Motorsport-Rabauken!
Christian Renkel
Du bist also Schuld! Ich habe mich dazu bereit erklärt in einer Online WM teilnzunehmen, um gezeigt zu bekommen, dass ich unrecht habe und bin gerade eben in meinem Zug gecrasht! 😉
Ich hoffe ja auf ein Reales Duell, spätestens 2022! Also, starte den Motor! Ich werde auch mein komplettes Mario Kart Wissen mitbringen.