SPIELSTIL Rezension

Der Captain ist Tot (App)

Lesezeit: 8 Minuten

Ein Spiel entwickelt von Joe Price, JT Smith
erschienen bei Thunderbox Entertainment Ltd.

- 17.Feb.2021

Sternzeit 4711.0815

Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs U.S.S. Ohmeingottwirwerdenallesterben, dass unermüdlich unterwegs ist, um auf neuen Planeten, bei unwichtigen Missionen und an harmlose Phänomene – ihren Captain zu verlieren… So auch heute, als wir die Hundewelpen von Rigel VII auf dem intergalaktischen Rastplatz aufgelesen haben, wo sie von den Andorianern ausgesetzt wurden. Aber wer hätte ahnen können, dass Captain Körk auf Flohpuder allergisch reagiert…?

Oje! Der Name ist Programm…

Nun sind wir also auf dem Rückflug zur Erde und mussten feststellen, dass unser Sprungkern schwer beschädigt ist. Noch ehe wir den Antrieb deaktivieren konnten, flog uns der Maschinenraum um die Ohren, und wir trudelten direkt aus dem Hyperraum in die Arme unserer Feinde, den RomuKlingKNORG. Während also unsere Systeme versagten, haben diese von ihrem Kreuzer gleich die ersten Jäger gestartet und ein Enterkommando auf unsere Brücke gebeamt!

Das Spiel beginnt! Schon zum Start sind Systeme ausgefallen und Aliens stehen auf der Brücke…

Aber ich wäre nicht Admiral Trinkhart, wenn ich den Aliens unser Schiff überlassen würde! Während Fähnrich Lascher kopflos durch die Gegend rennt und jedem Brettspiele erklären möchte, bewahrt 6 aus 49, unsere Cyborg, wie immer einen kühlen Kopf. Sie ist gänzlich von der erhöhten Schwerkraft unbeeindruckt und macht sich auf den Weg ins Labor, um dieses Phänomen zu untersuchen und eine Lösung zu finden, damit wir uns nicht mehr durch die Korridore schleppen müssen.

Die Schwierigkeit ist einstellbar: Von sehr einfach bis mörderisch…

Hätten wir nur unsere Ingenieurin mitgenommen! Sie versteht sich so gut mit dem Sprungkern, man möchte meinen, sie hätte ihn selbst gebaut. Aber leider ist nur unsere Beraterin Gähnen auf diese Mission mitgekommen, so dass wir uns ihre endlosen Monologe anhören müssen über diplomatische Lösungen und dass doch alle Bewohner der Galaxis Freunde wären. Hah! Also muss ich mich wohl selbst in Richtung Maschinenraum aufmachen, um den Sprungkern wieder in Schuss zu bringen…

Er ist tot, Jim!

(Dr. McCoy)

Wir befinden uns auf einem Raumschiff, Parallelen mit Star Trek sind rein zufällig, und nicht nur, dass wir soeben den Captain verloren haben (siehe den Titel des Spiels), nein, unser Sprungkern ist beschädigt! Und ohne diesen können wir nicht mehr manövrieren und sind den feindlichen Aliens, die soeben aufgetaucht sind, entkommen – oder sie wahlweise bekämpfen.

Also tun wir, was wir tun müssen: Wie beißen die Zähne zusammen und bringen den Sprungkern wieder in Ordnung, damit wir aus diesem Schlamassel entkommen können! Leider ist das aber nicht so einfach: Runde um Runde fällt das Schiff weiter auseinander; neben der Reparatur des Sprungkerns muss die Crew also auch den Rest des Schiffs zusammen halten, die Aliens abwehren und seltsame Anomalien erforschen (und damit beseitigen), welche uns sonst bei diesen Aufgaben behindern.

Im Kern funktioniert das relativ simpel: Reihum sind die vier Besatzungsmitglieder (welche wir aus 7 verschiedenen zur Verfügung stehenden auswählen) am Zug. Sie bewegen sich dann von Raum zu Raum, sammeln „Talente“, also die notwendigen Ressourcen, um die verschiedenen Systeme zu reparieren – oder zu benutzen – und wehren so die Bedrohungen und Erschwernisse ab, von denen am Ende jedes Spielzugs eine neue in Spiel kommt.

Wir haben verloren! Die Aliens haben unser Schiff übernommen…

Dabei gibt es eine große Anzahl von Systemen (welche auch alle ausfallen können) – vom Teleporter zum schnellen Bewegen, über die Torpedowerfer zur Abwehr der Aliens, bis hin zu den Scannern auf der Brücke, welche uns im Voraus sagen, welche Probleme als Nächstes auf uns zukommen. Und natürlich der Sprungkern – die Schwierigkeit, die wir zu Beginn einstellen, definiert die Stufe der Beschädigung desselben. Ist er wieder auf 100%, haben wir sofort gewonnen – auf der anderen Seite verlieren wir, wenn sich 12 Aliens auf unser Schiff gebeamt haben oder wenn unsere Schilde auf 0% fallen und wir folgerichtig zerstört werden.

Der Sprungkern ist wieder auf 100% – Nichts wie weg hier!

Der Computer hat einen nicht überhörbaren Dachschaden; entweder er wird endlich mal generalüberholt oder verschrottet, kapiert?

(Commander Kirk)



Thomas meint:

Ich gebe es zu: Ich habe das Tutorial zwei- oder dreimal abgebrochen, bis ich endlich die Ruhe und Geduld hatte, es komplett durchzuspielen. Ja, es ist sehr lustig aufgesetzt – ein so genannter „Sternenzauberer“ (also Q) führt uns durch die grundlegenden Regeln des Spiels – leider demonstriert er aber meistens nur, was wir tun sollen – nicht aber, warum. Ganz zu Schweigen davon, dass die Zusammenhänge dabei nicht erklärt werden. Sicherlich ist ein Satz wie „ALIENS SIND SCHLECHT“ lustig – und auch nicht falsch – aber der Informationsgehalt zum Spiel an sich ist eher gering. Schöner wäre erläuternd gewesen: „Wenn sich Aliens in einem Raum befinden, können Konsolen weder Repariert noch Benutzt werden. In höheren Schwierigkeiten werden anwesende Crewmitglieder verletzt, wenn Aliens in einen Raum beamen.“ Am Ende gab es dann immer noch einige Punkte, die ich selber herausfinden musste – und selbst so habe ich dann doch noch mal die Spielregeln des Brettspiels lesen müssen, um die letzten Details zu verstehen. So kurzweilig das Tutorial auch ist; ein wenig trockener und dafür mit mehr Informationen wäre meiner Meinung nach besser gewesen.

Der omnipotente, intergalaktische Sternenzauberer erklärt uns, wie der Hase läuft…

Hat man aber erst Mal das Spiel verstanden, ist es großartig. Es ist eine ganz hervorragende Mischung aus strategisch geplanten Aktionen, und gleichzeitig unvorhersehbaren Ereignissen – welche aber nicht sofort eintreten. Da man in der Regel (sofern die Scanner funktionieren) immer die nächsten beiden Ereignisse kennt, kann man sich darauf vorbereiten, um diese zu verhindern – oder zumindest den Schaden abzufedern. Dabei spielt der Zufall nur begrenzt eine Rolle – eigentlich nur bei den Ereignissen (und dem Ziehen der Schlachtpläne, zugegeben). Aber auch zu wissen, was passiert, macht die Mission nicht einfacher. Man kann zumindest zwei Runden im Voraus planen; zum Beispiel stellt man sich dann nicht zwingend in einen Raum, in dem gleich Crewmitglieder verletzt werden – aber der Zufall ist nicht aus dem Spiel und macht damit jede Partie anders und zu einem eigenen Erlebnis.

Dabei hat sich die App ziemlich stark an die Vorlage gehalten, was ich persönlich ja – wie ihr mittlerweile wohl wisst – sehr zu schätzen weiß. Selbst die Optik entspricht der knalligen Brettspielvorlage; hier ist das Spiel allerdings zusätzlich angereichert mit humorvollen Kommentaren der Crewmitglieder – und natürlich jeder Menge Effekten, begonnen beim Beamen und Laufen durch die Gänge, bis hin zu sich enttarnenden Alien-Fregatten oder eindrucksvollen Filmsequenzen am Ende einer Partie. Einzig die Crew ist reduziert – in der App sind nur 7 der im Brettspiel 18 verfügbaren Spielerklassen verfügbar – noch! Denn Thunderbox Entertainment hat schon monatliche Erweiterungen angekündigt – mit den noch fehlenden Helden und auch weiteren Neuerungen. Welche das dann sind; man darf gespannt bleiben! Auf jeden Fall sind bereits 18 Slots im Auswahlbildschirm eingerichtet…

Aktuell stehen nur 7 Charaktere zur Auswahl – aber man sieht schon: Es ist Platz für mehr…

Hat man dann die Regeln erst Mal verinnerlicht und ist im Spiel, ist es keine Sekunde langweilig. Die Katastrophen werden schlimmer und schlimmer – Alle lassen sich ohnehin nicht verhindern oder ausgleichen; man ist also ständig am Abwägen, welche Fehlfunktionen oder Angriffe akzeptabel sind – und welche auf jeden Fall abgewehrt werden müssen. Da das auch nur bedingt klappt, fliegt einem das Raumschiff sukzessive um die Ohren und wenn man schließlich den Sprungkern auf 100% bringt, haben in der Regel 50% der Systeme Fehler, Aliens befinden sich in jedem 2. Raum und von den Schilden fangen wir lieber erst gar nicht an – aber! – gewonnen haben wir dennoch!

Das Alles erinnert mich doch sehr an Pandemie. Auch hier sammle ich Karten (in der App: Symbole) in vier verschiedenen Farben, um bestimmte Systeme zu bedienen, habe Sonderfähigkeiten der Charaktere und auch besondere Karten (hier: Werkzeuge). Der Unterschied ist aber: Ich habe ein Raumschiff mit unterschiedlichen Räumen und Systemen, und jedes System hat Relevanz im Spiel! Dabei sind die Fehlfunktionen so durchdacht, dass man immer aus dem Schlamassel auch wieder herauskommen kann – manchmal dauert es nur länger. Dummerweise ist Zeit eben das, was wir auf keinem Fall übrig haben.

Die Aliens (links) verhindern, dass der Matrose auf der Brücke interagieren kann…

Gespielt werden kann das Spiel nur Solo, was ich aber auch vernünftig finde: Ein Multiplayer bei einem Spiel, in dem so viele Absprachen getroffen werden müssen, ist wenig sinnvoll. Und ein Hotseat-Modus, bei dem das Tablet die Hände wechselt – ja, das wäre gegangen, aber da kann man auch gleich das richtige Spiel spielen. So bleibt also ein sehr unterhaltsames und forderndes Solo-Spiel, welches ich jedem ans Herz legen möchte, der Pandemie mag!

Thunderbox Entertainment ist hier wirklich ein Glanzstück gelungen – als letztes Manko sei noch erwähnt, dass einige Bedienelemente; insbesondere die Beschreibungen der Werkzeuge, auf kleineren Bildschirmen nur schwer erkennbar sind und eventuell den Spielspaß trüben könnten – aber sofern ihr ein Tablet euer eigen nennt – holt euch Der Captain ist Tot!

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Der Captain ist Tot (App) von Joe Price, JT Smith

Eine gelungene Umsetzung des kooperativen Brettspiels als humorvolles Solo-Spiel mit toller Grafik und Sound, sowie knackiger Schwierigkeit – die aber frei einstellbar ist!

Spielstil – Wertung

Thomas:

9/10
Das gefiel uns
  • Tolle Grafik & Toller Sound
  • Frei einstellbare Schwierigkeit
  • Getreue Umsetzung des Brettspiels
Das nicht so
  • Tutorial verbesserungswürdig
  • Einige Bedienelemente sehr klein
Hier bekommt ihr „Der Captain ist Tot (App)“

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Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.

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Thomas Büttner

Tom schätzt neben komplexen Euros auch thematisch satte Solitär-Meisterwerke - und natürlich feine App-Umsetzungen. Dabei wird er schon mal ungehalten, wenn die Steuerung umständlich ist oder das User Interface unintuitiv.

So erreicht ihr Thomas:

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