SPIELSTIL Rezension

Terrorscape

Lesezeit: 8 Minuten

Ein Spiel entwickelt von Jeffrey CCH
erschienen bei Grimspire

Manchmal muss man sich schon fragen, ob man eigentlich noch ganz normal tickt. Dann, wenn man sich so überlegt, welche Filme oder Bücher man denn genießt. Bei mir ist das relativ eindeutig. Ich liebe das Horror-Genre! Wobei ich hier eher vom Übernatürlichem angezogen bin als dem blutigen Slasher. Dennoch habe ich auch dort einige Genre-Klassiker und -Größen genossen. Von viel mehr habe ich jedoch direkt die Finger gelassen. Hier hatte mir zumeist eine Zusammenfassung oder ein Trailer ausgereicht, um zu wissen, dass ich das nicht sehen möchte.

Denn ein Horrorfilm muss für mich einfach mehr tun, als einfach nur auf möglichst eklige Effekte zu zielen. Spannend muss die Geschichte sein. Und auch die eine oder andere Überraschung ist extrem förderlich. Leider gibt es in diesem Bereich mehr Publikationen, die sich lieber darauf konzentrieren, möglichst brutal zu sein, als dafür zu sorgen, dass man gebannt im Sessel sitzt und wissen will, wie alles ausgeht.

Der Mörder hat einen der Überlebenden aufgespürt.

Der Mörder hat einen der Überlebenden aufgespürt.

Aber zum Glück haben wir ja noch Brettspiele. Denn in diesen ist man eben direkt im Geschehen gefesselt. Zwar durchaus abstrahiert, aber dennoch mittendrin statt nur dabei. Und auch hier gibt es diverse Horrorgrößen, die einen dann auch emotional packen und dafür sorgen, dass wir mit schweißnassen Händen am Tisch sitzen.

Terrorscape möchte sich hier nun einreihen. Dabei hat es sich die üblichen Slasher-Filme als Vorbild genommen. Wir haben ein abgelegenes Haus, eine Gruppe Menschen, die sich darin verirren und einen Mörder, der ihnen auflauert. Alles Zutaten zu einem hoffentlich schmackhaften Mix aus Spaß, Anspannung und Grusel.

Ich kann Ihnen nichts vormachen, was Ihre Chancen angeht. Aber, Sie haben mein Mitgefühl.

(Ripley – Aliens)

Das erwartet euch in Terrorscape

In Terrorscape treten bis zu drei Spieler als Überlebende gegen einen weiteren an, der den Mörder übernimmt. Dabei spielen beide Seiten auf einem eigenen Spielplan. Dieser ist zwar identisch, aber nicht allen am Tisch stehen stets alle Informationen zur Verfügung. Ein Blick auf den anderen Spielplan ist durch einen großen Pappaufsteller in der Mitte verwehrt.

Es beginnen jeweils die Überlebenden, die mit jedem der Charaktere genau eine Aktion ausführen dürfen. So können sie sich zum Beispiel bewegen, den Raum durchsuchen, das Funkgerät reparieren, eine Barrikade entfernen oder ihre Angst überwinden. Wichtig dabei ist, dass diverse Aktionen Geräusche machen, die sie dem Bösewicht am Ende des Zuges mitzuteilen haben.

Das Schreckgespenst ist einem Geräuschmarker hinterher und hat zwei Überlebende gefunden.

Das Schreckgespenst ist einem Geräuschmarker hinterher und hat zwei Überlebende gefunden.

Danach ist dieser dran. Er hat ein auf ihn zugeschnittenes Kartendeck, mit dem er sich durch das Haus bewegt und versucht, die versteckten Personen aufzuspüren und sie umzubringen. Wichtig für ihn ist auch, dass mit jedem Durchlauf seines Kartendecks die Stufe und somit die Stärke und Fähigkeiten ansteigen.

Das Spiel endet, wenn der Bösewicht es schaffen sollte, einen der Überlebenden umzubringen. Dann gewinnt er. Die Guten sind siegreich, wenn sie das Funkgerät zu reparieren überleben, bis die Polizei eintrifft. Alternativ können sie auch fünf Schlüssel finden und mit diesen dann aus der Villa fliehen.

Für die Überlebenden und den Mörder stehen unterschiedliche Charaktere zur Auswahl, die allesamt ihre eigenen Fähigkeiten und Bonusse mit ins Spiel integrieren. So ist es dann zum Beispiel möglich, dass man keinen Lärm beim Durchsuchen des Raumes macht. Oder ein Charakter ist besonders gut darin, das Funkgerät zu reparieren. So lässt sich das jeweils perfekte Team zusammenstellen.

Ein Spielplan mit einer Mörderfigur und drei Überlebendenchips

Noch weiß der Schlächter noch nicht, wo sich die Überlebenden aufhalten. Ihr letzter Standort war die Halle.

Die Mörder selbst haben auch ihre eigene Art gespielt zu werden. So ist beispielsweise der Schlächter besonders stark, aber extrem langsam. Jedoch kann er Türen verbarrikadieren, sodass die Überlebenden nicht mehr direkt hindurchgehen können. Schafft er es, seine Spezialfähigkeit zu nutzen, stürmt er durch die Barrikaden und greift dabei alles an, was ihm in den Weg kommt.

Als wir nach Hause kamen, saß sie im Flur. Aber wir hatten sie im Gästezimmer gelassen!

(The Conjuring)

Christian meint:

Meine Geschichte mit Terrorscape ist keine einfache. Denn sie besteht aus mehreren Akten, die zuerst eines bedeuteten. Einen gewissen Grad an Verzweiflung. Wir hatten ein paar Runden gespielt, in denen ich jeweils einen der Mörder mimte. In keiner der Partien hatte ich überhaupt einen Hauch einer Chance. Ich stolperte durch das Haus ohne Hinweise, wo sich denn die Überlebenden aufhielten. Alles fühlte sich einfach falsch an. Außerdem wollte mir trotz vieler Gespräche nicht bewusst werden, wie andere mit dem Spiel Spaß haben konnten.

Ich machte mich also auf die Suche nach der Lösung. Ich schrieb in Foren und sozialen Medien. Tauschte mich mit anderen Spielern aus und wollte wissen, was ich denn genau falsch machte. Denn das war mir durchaus bewusst, der Fehler musste bei uns liegen.

Unser Fehler in Terrorscape

Als ich dann einen Beitrag von jemanden las, der erzählte, was in ihrer Runde falsch lief, erkannte ich Parallelen. Und ich fragte meine Mitspieler, ob sie sich denn tatsächlich an die Regeln gehalten hatten. Als ich mit dem Finger darauf zeigte, dass man sich entweder bewegen oder eine andere Aktion machen kann. Außerdem dass Charaktere auch ein Geräusch machen, wenn sie die Karte mit dem Lärmsymbol nicht nehmen, wurde klar, was schiefgelaufen war. Darum bewegten sie sich lautlos und scheinbar mühelos durch das Haus!

Die nächsten Partien dann waren eindeutig spannender. Meine Überlebenden jammerten zwar, dass sie nun kaum noch eine Möglichkeit hätten, zu gewinnen, aber für den Mörder war es nun interessanter. Man hatte Anhaltspunkte, konnte agieren und reagieren. Es war spannend. Und das war gut so!

Ich habe mich dann auch auf die andere Seite begeben, um zu prüfen, wie es sich anfühlte. Und was soll ich sagen? Es war auch hier eine spannende Partie. Wir mussten alles geben, um unser Gegenüber in die Irre zu führen und dennoch unser Ziel zu erreichen. Das gefällt mir, da will ich spielerisch hin. Wobei ich auch ein paar Punkte haben, die mich stören. Also außer, dass meine Mitspieler mich unwissentlich betrogen haben.

Die Figur des Schlächters steht neben einem Überlebenden

Ob das gut ausgeht für den Überlebenden?

Auch nach mehrmaligem Lesen der Regeln hatte ich noch eine Frage, die sich für mich nicht eindeutig klären lies. Und zwar die der Zahnräder. Also die, welche Überlebenden sammeln, wenn sie das Funkgerät reparieren. Ich weiß, dass ich als Mörder eine Info bekomme, wenn im entsprechenden Zimmer Lärm entstanden ist. Aber darf ich auch wissen, wie weit die Reparatur vorangeschritten ist? Dem entgegen fehlt ein Passus in der Anleitung. Dafür spricht jedoch das Spielbrett, das ein Zählfeld vorsieht, auf dem man nachhalten könnte, wie weit die Reparatur vorangeschritten ist.

Dann wären da noch die Mörder. Vom Umfang und der spielerischen Abwechslung finde ich erst einmal toll, dass drei unterschiedliche integriert sind, die sich allesamt komplett unterschiedlich spielen. Andererseits empfinde ich sie aber auch als nicht gleich interessant zu spielen. Am besten gefällt mir das Schreckgespenst. Die Figur sieht extrem stylish aus und spielerisch ist es am besten.

Der uninteressanteste Mörder

Mit Abstand am schlechtesten der von Leatherface inspirierten Schlächter. Mit diesem konnte ich dann auch keine einzige Partie gewinnen, da er viel zu langsam und schwerfällig ist. Ja, ich weiß, dass man die Barrikaden hierfür nutzen muss, aber extrem starke Züge bekommt man auch mit diesen eher schwer hin. Die Überlebenden haben hier ein viel einfacheres Spiel.

Und weil schon jeder darauf wartet, müssen wir auch mal über den Aufbau sprechen. Dieser ist etwas umständlicher als bei anderen Brettspielen. Schließlich müssen wir das Haus als Sichtschutz zusammenstecken und einen Würfelturm darin integrieren. Aber das klingt beim Lesen schlimmer, als es tatsächlich ist. Ich hatte schon Spiele, bei denen gefühlt der Aufbau in keinerlei Verhältnis zur Spieldauer stand. Das ist bei Terrorscape nicht der Fall. Denn das System ist durchdacht, die Materialien schön nach den einzelnen Seiten sortiert. Man kann relativ schnell beginnen.

Der Sichtschutz in Terrorscape

Eines muss man sagen, der Sichtschutz macht schon was her.

Terrorscape schreit nach Wiederholungen

Dass eine Partie dann jedoch nicht allzu lange dauert, ist kein großes Problem. Denn so kann man auch mal munter mischen. Andere Überlebende, andere Mörder, andere Aufteilungen. Zumal es selten bei einer Partie bleibt. Inzwischen sind diese auch weit ausgeglichener und beide Seiten bieten für mich ein spannendes Duell. Bei meinen Mitspielern hat sich ein wenig Terrorscape Müdigkeit eingeschlichen. Aber sie fanden es als Überlebende auch mit den falschen Regeln interessanter.

Alles in allem hat mir Terrorscape nach überwundenen Anfangsschwierigkeiten recht gut gefallen. Am besten funktioniert es für mich jedoch in einer Partie zu zweit mit dem passenden Soundtrack im Hintergrund. Es ist ein nicht allzu schwer zu erlernendes – ja, mir ist die Ironie hierbei durchaus bewusst – Hidden Movement Spiel, bei dem man sich wünscht, noch mehr Killer zu haben, die den eigenen filmischen Geschmack abdecken. Diese gibt es dann auch in Erweiterungen. Wobei jeder selbst wissen muss, was einem der mörderische Spaß wert ist.

Wer nun Blut geleckt haben sollte, der muss sich leider über den recht teuren Sekundärmarkt versorgen oder besser, etwas Geduld mitbringen. Den laut der Homepage der Spiele-Offensive sollte das Spiel ab Mai 2025 wieder verfügbar sein. Fragt sich nur, wie lange. Es lohnt sich also schnell zu sein.

Dir hat die Rezension gefallen? Du denkst wir liegen völlig daneben? Lass uns wissen was du denkst.

Terrorscape von Jeffrey CCH

Coverbild Terrorscape

Ein kurzweiliges, aber spannendes Hidden Movement Spiel, das zu zweit für mich am besten funktioniert. Jedoch verzeiht das System keine Spielfehler. Macht man diese kippt die Balance ziemlich schnell.

Spielstil – Wertung

Christian:

8/10
Das gefiel uns
  • Abwechslungsreich
  • Spannend
  • Tolle Ausstattung
Das nicht so
  • Regelfehler verzeiht das Spielgefühl nicht
  • Nicht alle Mörder sind interessant zu spielen

Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.

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Christian Renkel

Christian liebt Brett- und Videospiele mehr, als ausreichenden Schlaf. Dabei ist ihm am wichtigsten, dass er in der jeweiligen Welt versinken kann. Egal, ob es die geschickte Mechanik oder die überkochende Emotion ist.

So erreicht ihr Christian:

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