SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 8 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Marcel Süßelbeck, Marco Ruskowski
erschienen bei Queen Games
Meine letzte Partie Fresco ist schon einige Zeit her. Damals, als mein zweiter Brettspielfrühling begann, war es – laut meiner Erinnerung – eines der ersten Spiele, die wieder auf meinem Tisch landeten. Mir gefiel Fresco, aber die eigene Überheblichkeit der damaligen Zeit forderte von mir, dass ich mich doch besser komplexeren Titeln zuwenden sollte.
Ihr kennt die Geschichte von Ikarus? Auch ich bin damals an meine Grenzen gestoßen und das mit Titeln, die mir heute eher leicht von der Hand gehen. Aber ich verbuche das mal unter jugendlichem Leichtsinn. Wobei es mich schon mal interessieren würde, ob ihr eine ähnliche Entwicklung hinter euch habt und auch ihr angestachelt wurdet, viel zu früh immer komplexere Brettspiele auf den Tisch bringen zu wollen.
Kommen wir aber zurück zu Fresco. Einem Spiel, in dem man – wer hätte es gedacht – das Deckenfresko einer Kirche malen muss. Dieses Brettspiel liegt seit 2020 in einer Revised Edition vor. Auf den ersten Blick fällt einem natürlich die hübschere Optik auf. Aber was hast sich denn in der Schachtel selbst getan? Und an welcher Stelle hat Queen Games gespart? Nach diesem Test wisst ihr mehr.
(Michelangelo)
Eigentlich wollte ich heute um 6 Uhr aufstehen. Das ging leider nicht, denn meine Konkurrentin hatte bereits beschlossen, zu diesem Zeitpunkt aufzuwachen. Doch 5 Uhr war mir viel zu früh. Schließlich wollte ich nicht, dass meine Mitarbeiter noch unmotivierter werden, als sie es eh schon sind, und außerdem sind mir die Farben zu dieser Uhrzeit am Markt noch viel zu teuer. Hätte ich diesen Auftrag doch nur nie angenommen.
Geld und Ruhm hatte mir der Bischof versprochen und ich hatte mir schon in den schönsten Farben ausgemalt, wie ich mir über eine lange Zeit keine Sorgen um meine Einkünfte machen müsste. Doch dass dieser Halsabschneider noch weitere Unternehmen beauftragte, das Deckenfresko zu malen, davon hätte ich mir nicht träumen lassen. Konkurrenz belebt das Geschäft feixte er grinsend. Das kann man gut sagen, wenn man selbst nicht betroffen ist.
Also machten wir uns daran, die Schäden am Ruf und der Kasse zu begrenzen, indem wir tüchtiger arbeiteten als unsere Gegenspieler. Mit 5 Gehilfen muss ich jeweils planen, wie der nächste Tag verbracht werden soll. Sind meine Mitarbeiter gut genug gelaunt, wird einer von ihnen sogar doppelt so gut arbeiten! Also sollte ich das im Blick behalten, wenn es daran geht, die Aufstehzeiten zu wählen.
Außer der Mitarbeiterführung muss ich auch den Markt mit Farben selbst im Auge behalten. Schließlich ist nicht immer alles verfügbar und meine Konkurrenz schnappt sich mitunter die interessantesten Farben, wenn ich zu spät komme. Bin ich vor ihnen da, ist die Auswahl zwar besser, aber diese Halsabschneider hinter dem Marktstand wissen auch, dass ich gezwungen bin, mehr dafür zu bezahlen.
Aber ich brauche die Farben, um Teile des Dekenfreskos fertigzustellen. Und nur dadurch gelingt es mir, meinen Ruhm zu mehren. Wenn ich es geschickt anstelle sogar noch etwas mehr. Denn sieht der Bischof, wie ich arbeite, spricht er gut von mir. Mache ich es geschickt genug, fällt sogar noch eine kleine Belohnung ab. Aber viel wichtiger ist, dass mit jedem vollendeten Teil mein Einkommen steigt.
Zum Glück habe ich noch mein Atelier und kann meine Gehilfen dort abstellen, um Porträts zu malen. Das spült dann zumindest etwas Geld in die leeren Kassen. Außerdem müssen wir uns noch darum kümmern, Farben zu mischen. Schließlich wird das Fresko immer komplexer, was auch dazu führt, dass die Grundfarben nicht mehr genügen. Zum Glück weiß ich, wie ich die richtigen Töne treffe und den gesteigerten Ruhm nehme ich natürlich gerne mit.
Ab und an muss ich meine Gehilfen dann auch mal einen freien Tag gönnen. Sie sollen ins Theater gehen, um sich zu amüsieren und die Stimmung aufzuhellen. Sind sie zu schlecht gelaunt, fehlt mir ständig Personal und so kann ich die Aufgabe bestimmt nicht bewältigen.
Ich hoffe, dass der Auftrag der Kirche bald vorbei ist und wir wieder unserer gewohnten Arbeit nachgehen können. Vielleicht bin ich sogar so gut, dass ich die beste Arbeit abliefere. Dann kann ich mir bestimmt im Anschluss die lukrativsten Aufträge aussuchen. Aber bis dahin ist ein langer Weg und ich muss schon wieder entscheiden, wann wir morgen aufstehen werden.
Die komplette Spielregel zu Fresco Revised Edition findet ihr hier. (externer Link)
(Bob Ross)
Was bedeutet es eigentlich genau, wenn ein Brettspiel als Revised Edition erneut auf dem Markt erscheint. Dem Namen entsprechend eine überarbeite Version. Überarbeitet heißt dabei jedoch nicht unbedingt, dass am Spiel selbst etwas verändert wurde. Gut, selbst das ist bei Fresco passiert, aber nicht, wie man es vermutet hätte.
Kommen wir aber erst einmal zum Offensichtlichen. Der Inhalt der Box hat sich natürlich geändert. Ob man verbessert sagen möchte, mag ich nicht beurteilen, da Geschmack im Sinne des Betrachters ist. Mir persönlich haben jedoch die Holzwürfel, die als Farben in der ursprünglichen Version verwendet wurden, besser gefallen als die Papp-Plättchen, die jedoch nun bei rot-grün Schwäche unterschieden werden können. Aber ich verstehe natürlich, warum man sich anders entschieden hat und unterstütze dies auch.
Die neuen Illustrationen wissen jedoch zu gefallen. Allen voran das epische Fresko in der Mitte des Spielplans, welches sich weiterhin Stück für Stück in einer Partie preisgibt. Eine kleine optische Belohnung, die mir immer wieder gefällt, obwohl sich am Bild selbst natürlich nichts ändert.
Fresco funktioniert als Brettspiel aber auch so. Es ist ein nicht allzu schweres Planspiel mit eingesetzten Arbeitern, welches einen gut unterhält, aber zu keinem Zeitpunkt überfordert. Im Gegenteil. Es ist sehr belohnend und rund im Ablauf dank der thematischen Ableitung. Hier ist es richtig, hier fühlt man sich wohl.
Dennoch hätte man an ein paar Stellen ruhig Hand anlegen können. So ist die Variante für zwei Spieler immer noch recht unbefriedigend und wird dem Spiel nicht ganz gerecht. Perfekt ist es natürlich zu viert, da hier der Druck der Planung voll zur Geltung kommt und das richtige Timing viel mehr Platz einnimmt.
Außerdem hätte man sich noch eine Verbesserung des neutralen Arbeiters einfallen lassen können. Diesen erhält man, wenn die eigene Motivation hoch genug ist – sich also auf den zwei oberen Feldern befindet. Jedoch muss man meist mehr investieren, als der Nutzen der Figur einbringt, um den Zustand überhaupt sinnvoll herzuführen und zu erhalten. Denke ich jetzt darüber nach, würde ich die nächste Partie überhaupt nicht auf die Motivation achten und versuchen, ob es nicht sogar leichter ist, mit der Strafe zu spielen.
Was mir noch nicht so ganz in den Kopf möchte, ist die Beschneidung der Fresco Revised Edition im Gegensatz des alten Grundspiels von 2010. Warum wurde das dritte Modul entfernt? Waren es Sparmaßnahmen? Oder hatte es doch etwas mit der Balance gemein? Und warum wurde eines der enthaltenen Module vereinfacht? Es wäre natürlich schön, wenn man die ganzen Module (und davon gab es für Fresko einige) noch für die Revised Edition nachkaufen könnte. Ob man die alten Erweiterungen auch in der Revised Edition verwenden kann, konnte ich leider nicht zu 100 % bestätigen oder verneinen.
Lohnt es sich als Besitzer der alten Brettspielausgabe – oder noch besser, der Big Box – auf die Fresco Revised Edtion umzusteigen? Nein. Denn man hat im Kern mehr Inhalt und alles in allem ein fast exakt gleiches Spiel. Außer natürlich, man ist von der Optik derart angetan, dass man diese unbedingt bei sich auf dem Tisch sehen möchte. Wer Fresko noch nicht kennenlernen konnte und eher leichtere Planspiele gerne hat, kann sich natürlich an die Revised Edition wagen – oder den Gebrauchtmarkt überprüfen. Denn auch heute noch macht das Spiel Spaß, da es auf einfache Art und Weise, Planung und kleiner Zwänge miteinander verknüpft. Achtet aber nur darauf, es am besten zu viert zu spielen, um es voll und ganz auszukosten.
Fresco Revised Edition von Marcel Süßelbeck, Marco Ruskowski
Die Neuauflage von Fresko macht immer noch Spaß. Auch, wenn die Aufgabe selbst relativ einfach scheint, sorgen vor allem im Spiel zu viert Druck und Timing für interessante Entscheidungen. Leider ist die Box beschnitten, sodass man als Besitzer der alten Ausgabe nicht unbedingt umsteigen müsste.
Christian:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.
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Denny Crane
Danke für den Test
Liest sich eigentlich nicht schlecht…aber auch nur das.
Ich glaube wenn ich ein Spiel mit einem Mal/Farbthema will, dann würde ich lustigerweise bei demselben Hersteller bleiben und Graffiti ne Chance geben
Michi
Fresco hab ich bisher nicht gekannt, ist aber Thematisch Recht interessant find ich. Muss ich mal näher anschauen wenn die komplexen Spiele mit etwas Zeit lassen.
Was auch die Frage beantwortet 😉 ich liebe komplex, etwas worüber man sich richtig den Kopf zerbrechen kann nur um dann nach dem Zug zu merken das eine andere Option so viel besser gewesen wäre 🤣.