Kanban

SPIELSTIL Preview

Mein erstes Mal mit Kanban EV

Lesezeit: 4 Minuten

Ein Spiel entwickelt von Vital Lacerda
erschienen bei Skellig Games

- 3.Jul.2021

Mein erstes Mal mit Kanban EV

Das erste Mal stieß ich auf KANBAN in der Version aus dem Jahr 2014. Allein der Titel war schon die pure Provokation für mich. KANBAN – Automotive Revolution! Ich arbeitete in der Qualitätssicherung eines Automobilzulieferers und die Firma, die mit dem Kanban Prinzip assoziiert wird, war mein damaliger Projektkunde.

Es klang zu verlockend. Man managed vermeintlich nach dem Kanban-Prinzip eine Autofabrik. Ich hielt mich schon automatisch für den Sieger. Welch Hybris, welch ein Fall Ikarus! Nach einer Dreiviertelstunde des Regelerklärens gaben wir auf. Die allgemeine Meinung war: „Man sollte den Beruf nie zum Hobby machen.“ Das Zusammenspiel der Regeln, die Übersichtlichkeit des Spielplans und die späte Stunde ergaben eine demotivierende Mischung. „No one simply goes to Mordor!“ oder in meinem Fall eher „No one simply plays a Lacerda without preparation.“

Dennoch blieb ich über die Jahre am Ball. Gerne habe ich andere Lacerda Spiele, wie the Gallerist gespielt. Als es nun zur Neuauflage von Kanban in der EV Version kam, habe ich mich diesem Endgegnerspiel gestellt.

Wie funktioniert Kanban EV überhaupt

Kanban EV kommt wie ein schlichtes Workerplacement Game daher. Jeder Spielende hat einen Arbeiter-Meeple, den man auf eines der fünf verfügbaren Aktionsfelder stellt. Zur Auswahl stehen: das Komponentenlager, die Designabteilung, die Verwaltung, die Fahrzeugproduktion und die Teststrecke mit angeschlossener Werkstatt.

Irgendwo da drin haben sich Worker versteckt

Die Spielenden führen in den Abteilungen bis zu vier Mal die dortigen Aktionen aus. Standardmäßig kann dies ein- bis dreimal durchgeführt werden. Während des Spiels können die Spielenden weitere Schichten erhalten und diese zusätzlich einsetzten. Es gehen aber nicht mehr als vier.

Oben Links: Test Track, Ziwschenboniübersicht und Aufwertungsübersicht der Fahrzeuge Unten Links: Fahrzeugdesign/Fahrzeugbezugscheine, Tauschlager, Zertifikateübersicht und Zeitkonto.


Oben rechts: Fahrzeugproduktion Mitte: Teilelager Unten: Zwischen- und Endwertungsziele

Alternativ kann man sich in jedem Bereich weiterbilden. Das bringt Siegpunkte, schaltet unter Umständen weitere Aktionen frei oder liefert One Shot Goodies. Das geht entweder mit einer Schicht oder mit Büchern. Dann ist die Weiterbildung sogar kostenlos.

Nichts geht über Ford-Bildung 😉 Orange hat sich ein Goodie genommen. Blau hat eine zusätzliche Aktion frei geschaltet. Violett kommt langsam in Fahrt.

Haben alle ihr Schichten abgearbeitet, kommt die Werksleiterin Sandra ins Spiel. Sie dient als eine der beiden Rundenzähler und kann je nach gewählter ‚Einstellung‘ Boni oder Mali verteilen.

Da sind sie ja!

Nach einer gewissen Anzahl von Runden endet das Spiel. Es gewinnt der Spielende mit den meisten ‚Prestige Punkten‘. Sie werden mit PP abgekürzt. Ab diesem Zeitpunkt sprachen wir nur noch von „Powerpoints“.

Was macht KANBAN EV richtig?

Der Workerplacement Teil funktioniert gut. Es gibt immer was zu tun, beziehungweise auszulösen. Dabei ist das ganze Lacerda like ineinander verwoben. Auch wird man mit Siegpunkten bei diversen Zwischen- und Endwertungen reichlich beschenkt. Dazu bietet es dem erfahrenen Spielenden die Möglichkeit, entweder kontinuierlich Siegpunkte zu generieren oder sich gezielt auf Zwischenwertungen zu konzentrieren. Diese bringen einmalig viele Punkte.

Das Entwicklungszentrum eines Spieler

Die Ausstattung des Spiels in Verbindung mit dem Storage-Konzept sucht seines Gleichen. Alles passt in die Kiste rein. Das Material lädt sofort zum Spielen ein. Dabei ist die Qualität auf höchstem Niveau. Karten und Holzspielsteine sehen klasse aus. Das Material wirkt hochwertig.

Was nervt an Kanban EV?

Das Layout der Plätze zum Setzen der Arbeiter-Meeple ist nicht ganz geglückt. Da für alle Bereiche die gleiche Farbe gewählt wurde, kann es zu Verwechslungen kommen.

Die Verknüpfung der Aktionen erschließt sich einem nicht sofort. Dazu gehört die etwas merkwürdige Verknüpfung des Testtracks mit der Produktionsaktion. Allgemein würde ein Fahrzeug erst in der Prototypenwerkstatt mit der neuen Komponenten angepasst und dann auf den Testtrack geschickt werden. Man muss beim Erklären viel einfach akzeptieren. Es erschließt sich nicht aus dem Kontext des Themas.

Die Doppelverwendung des sogenannten Designmarkers wirkt künstlich gewollt und ergibt im Spielkontext keinen Sinn. Die Designs werden einmal für das Upgrade einer Komponente am Fahrzeug verwendet oder ein Testfahrzeug vom Test-Track in die eigene Garage zu transferieren

Was man ebenfalls abkönnen muss, ist die teilweise mangelnde Alleinstellung der Aktionen. Wenn man sich endlich sein wohlverdientes Fahrzeug aus der Fabrik auf den Test-Track stellt, kann es passieren, dass ein anderer Spielende sich eben dieses nimmt. Je mehr Spielende an einer Partie beteiligt sind, umso unberechenbarer werden solche Situationen. Eine gewisse Frusttoleranz sollte vorhanden sein.

Freue ich mich auf die nächste Partie Kanban EV?

Ich sehe es mit gemischten Gefühlen. Ich war selten so leidenschaftlich in einem Spiel. Ich sah meine Aktionen und was ich erreichen wollte. Aber immer wieder kam dazu, dass meine sauber vorbereiteten Aktionen durch andere Spielende durchkreuzt wurden. Es erfordert schon eine Menge Improvisation, Hoffen und Bangen. Umso mehr freute ich mich, wenn die geplanten Aktionen dann doch noch zum Ziel führten. Ich bin gespannt, in welche Richtung des noch gehen wird.

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Written by Thorsten Klauder
Brett-, Rollen- und Table Top-Spieler - zu wenig Platz für Spiele, zu groß das Shelf of Shame So erreicht ihr ihn: Thorsten@Spielstil.net
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