SPIELSTIL Artikel

Interview: Conrad Hamel inklusive Vorstellung Magia Cum Laude auf Kickstarter

Lesezeit: 10 Minuten

Derzeitig läuft der Kickstarter zu Magia Cum Laude, welches aus der Feder von Conrad Hamel stammt. Einem Spiel, in dem es darum geht einer magischen Abschlussprüfung beizuwohnen. Die Spieler versuchen dabei die richtigen magischen Kristalle zu sammeln, um ihre persönlichen Aufgaben und Sprüche zu erfüllen. Dabei hat jedoch kein Spieler eine eigene Figur auf dem Brett. Alle Schüler werden können von jedem Spieler bewegt werden. Die ausgespielten Karten geben dabei Farben vor, die entweder den zu bewegenden Lehrling bestimmen oder die Richtung, in diese ein beliebiger gehen wird.

Wir haben uns mit Conrad in Verbindung gesetzt, damit er uns einen Blick hinter die Kickstarter Fassade werfen lässt.


 

Hallo Conrad, vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst uns ein paar Fragen zu beantworten. Erzähl doch erst einmal zwei, drei Sätze über dich.

Hallo ich heiße Conrad, bin 34 Jahre alt, verheiratet und Vater einer Tochter. Derzeit wohnen wir im Nahetal. Ursprünglich bin ich Diplom- Geograph, habe aber die letzten Jahre im Allgäu als Kartograph gearbeitet.

 

 

Du bist aktuell mit „Magia Cum Laude“ auf Kickstarter aktiv. Wir haben bisher die Regeln gelesen. Eine erste Einschätzung (das Testspiel steht noch aus) ist, dass es ein nettes Familienspiel ist, wie es bei Kosmos und Co. erscheinen könnte. Du hast ja bereits einige Partien auf dem Buckel. Was würdest du sagen, wo liegt der genaue Reiz im Spiel? Welche taktische Tiefe bietet es?

Ich finde der Reiz liegt zum einen in der Interaktion zwischen den Spielern und zum anderen daran, dass jedes Spiel irgendwie ganz anders läuft als die vorherigen. In genau der Interaktion liegt auch der Grund, warum ich Magia cum Laude nicht als „nettes“ Familienspiel deklarieren würde. Man muss schon bei der einen oder anderen Partie etwas „einstecken“ können. Ich meine das jetzt genau in dieser zweideutigen Formulierung. Die taktische Tiefe resultiert daraus, dass man sich je nach Lage der Kristalle auf dem Plan und den Sprüchen, die ich erfüllen will, ganz anders vorgehen muss. Mal kann ich wirklich einfach einsammeln, dann muss ich aber auch mal die Portale nutzen oder mich der Kristalle der anderen Lehrlinge oder Meister bemächtigen, solange es noch nicht zu spät ist. Dann kommt auch noch dazu, dass ich ja auch meinen eigenen Spruch erfüllt haben will. Mache ich das gleich am Anfang oder warte ich erst mal ab, bis die Gelegenheit günstig ist? Man kann Magia cum Laude aber definitiv sowohl einfach aus dem Bauch heraus spielen als auch extrem über seinen Zug nachdenken.

Was sagen deine Testspieler zu „Magia Cum Laude“?

Vor dem ersten Spiel waren recht viele schon sehr skeptisch, auch wegen der Sonderfälle die es gibt – Spezialkarten, Treffen mit anderen Figuren auf dem Plan und so weiter. Nach der zweiten Runde waren die meisten aber doch total gefesselt und fanden das Spiel am Ende richtig gut und wollten eine weitere Partie spielen. Oft habe ich zum Beispiel gehört: „Das Spiel bietet mehr, als ich am Anfang vermutet hätte“ oder „Als ich verstanden hatte, wie es geht, war es richtig gut. Lass uns nochmal spielen, jetzt gewinne ich“


 

 

Hattest du eigentlich vorab Kontakt zu diversen Verlagen, bevor du dich für Crowdfunding entschieden hast?

Ich war zum einen auf der Spieleerfindermesse in Haar, habe zum anderen auch Verlage direkt angeschrieben. Da ich zu dem Zeitpunkt „nur“ das fertige Spielkonzept, aber keinerlei Grafiken hatte, war das Interesse eher gering, wenn es da überhaupt Resonanz gab.

Was hast du aus den bisherigen Crowdfunding Aktionen gelernt? Was hast du dieses Mal verbessert?

Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, bereits vorher schon etwas Geld in die Hand zu nehmen. Ich habe auf Facebook und Twitter ein Netzwerk aufgebaut, eine Homepage erstellt und Christian Opperer als Grafiker engagiert, der mir nun bereits vor dieser Kampagne die Grafiken gemacht hat. Zudem habe ich nun einzigartige Miniaturen in Magia cum Laude, die es sonst in keinem anderen Spiel gibt.

Wenn wir das Thema ansprechen. Nur damit unsere Leser eine Dimension vor Augen haben, was das finanzielle Risiko angeht. Wie viel Geld hast du denn für die Kickstarter Kampagne vorab in die Hand genommen?

So alles zusammen kommen da schon so 3000 Euro zusammen.

Wie muss man sich die Arbeit mit einem Grafiker vorstellen? Was gibst du ihm vor? Wie arbeitet man in diesem Schritt zusammen?

Da wir leider zu weit auseinander wohnen, geht das vorrangig mit E-Mails. Ich habe ihm beschrieben, was ich mit in etwa vorstelle und er hat erste Zeichnungen gemacht. Die Punkte, die mir nicht gefielen, hat er dann nochmals abgeändert, wobei ich Christian da großen Freiraum gelassen habe und auch er Ideen eingebracht hat.

Siehst du die ersten zwei Crowdfunding Versuche als eher negativ an oder als die Möglichkeit daraus zu lernen?

Ich habe jedes Mal daraus gelernt. Auf Startnext bin ich damals noch etwas unbedarft reingegangen. Jetzt sieht die Kickstarterseite doch schon sehr professionell aus.

Wenn du dein Ich in der Vergangenheit beeinflussen könntest. Würdest du etwas anders machen?

In Sachen Spieleentwicklung würde ich nichts anders machen. Es ist alles ein Lernprozess, der mich dahingebracht hat, wo ich jetzt stehe.


 

 

Du sprichst in Kickstarter von einzigartigen Miniaturen. Wie gestaltet sich dabei der Entwicklungsprozess und wie kostspielig ist das Ganze?

Aus der Zeichnung wird ein 3D Modell erstellt, für das dann eine Urform benötigt wird. Aus der Form werden dann die Miniaturen gegossen, die danach noch bemalt und lackiert werden. Für jedes Modell muss also eine Form erstellt werden, was der kostenintensivste Teil ist. Ich habe die genauen Zahlen nicht im Kopf, aber der Verkaufspreis für so eine Figur liegt um die 3 Euro.

Ein paar Fragen zur Produktion. Wer hat denn die 3D-Modelle für die Figuren erstellt?

Die 3D-Modelle wurden anhand von Zeichnungen von Christian (nach meinen Vorgaben) von Hagen-Miniatures erstellt.

Wo lässt du sie produzieren?

Sie werden auch in Hagen von Hagen-Miniatures produziert. Sowohl die einfarbig lackierten, als auch die handbemalten Miniaturen.

Wie funktioniert das mit der Bemalung bei der „Wizard“ Ausgabe?

Wenn ich es könnte, würde ich sie ja selbst bemalen. Nein, auch die werden wie gesagt in Hagen bemalt. Das heißt der Umhang bleibt in der Farbe des Hauses, aber zum Beispiel das Gesicht, die Hände und Augen werden herausgearbeitet, das sie natürlicher aussehen.

Warum hast du Spieltrieb als Partner gewählt?

Auf der Suche nach Verlagen auf der Spiel in Essen war Till begeistert von dem Spiel. Daher hat es sich dann so ergeben, dass ich Spieltrieb als Partner gewählt habe.

Wie bringt sich Till Meyer (Spieltrieb) denn in das Crowdfunding ein? Wie unterstützt er dich bei deinem Traum?

Er hat sich unter anderem um die Produktionsfirma gekümmert und Konditionen ausgehandelt, außerdem hat er mich dazu gebracht den Mut aufzubringen mein Magia cum Laude zu veröffentlichen. Zusätzlich kann ich das Spiel über Spieltrieb vertreiben. Da können die Spiele in Essen übrigens auch abgeholt werden.


 

 

Wir dürften uns beide einig sein, dass du mit sehr spitzem Bleistift kalkuliert hast, heißt, dass die Unterstützer nicht „zu viel“ bezahlen. Ist „Magia Cum Laude“ also eher als Traum anzusehen, ein eigenes Spiel veröffentlicht zu haben?

Definitiv. Für mich ging es bei Magia cum Laude vorrangig darum, mein Spiel zu veröffentlichen und am Ende nicht zu viel draufzuzahlen. Die Kalkulation ist schon so, dass finanziell für mich nicht wirklich was hängenbleibt. Umso mehr aber lerne ich daraus und habe dadurch einen hohen emotionalen Gewinn.

Gehen wir davon aus, dass Kickstarter mit dem minimal Ziel erfolgreich ist, wie groß wird die erste Auflage werden? Gibt es bestimmte Abnahmemengen, die dir der Hersteller vorgibt, beziehungsweise, ab wann produziert man, damit sich das Projekt überhaupt rechnet?

Ich plane eine Erstauflage von 1000 Spielen. Das ist auch die Mindestauflage, die sich einigermaßen rechnet. Je mehr Spiele man produzieren lässt, umso günstiger wird das einzelne Spiel. Allerdings muss man diese auch verkaufen können. Man könnte auch eine geringere Menge von sagen wir 500 Spielen produzieren, allerdings wird das Einzelspiel dann zu teuer.

Die Kampagne ist ja erst der Anfang, welche Meilensteine liegen noch vor dir bis das fertige Spiel beim Kunden ist?

Sobald ich die Mindestsumme erreicht habe, können die Aufträge für die Produktion starten. Bei Kickstarter dauert es auch etwas, bis der Abrechnungsprozess beendet ist. Wenn ich einen fertigen Prototypen habe, kann die Massenproduktion beginnen. Die einzelnen Produktionsteile müssen also hergestellt werden und dann zusammenkommen. Ich denke, dass der Versand nochmal ein größerer Meilenstein ist.

Wie gehst du eigentlich mit den Risiken um? Fehlproduktionen, Reklamationen, kalkulatorisches Risiko, etc. Ich persönlich kann mir vorstellen, dass der Druck hier ziemlich groß sein kann.

Die Kalkulation sollte ziemlich gut passen, in der Kampagne bin ich natürlich auch ehrlich meinen Förderern gegenüber, so dass ich hoffe, dass sich auch die Reklamationen in Grenzen halten. Und Fehlproduktionen können passieren, ich vertraue da aber auch auf die Erfahrung von Till, dass das läuft. Sicherlich ist in allem was man macht ein Risiko und nichts läuft absolut perfekt, aber ich denke, dass ich die Risiken auf ein mir mögliches Minimum reduziert habe.

Was möchtest du unseren Lesern gerne mit auf den Weg geben? Warum sollte „Magia cum Laude“ unterstützt werden?

Magia cum Laude ist ein Spiel mit viel Interaktion und wenig Glück. Es hat Spielmechanismen, die (in der Kombination) noch unverbraucht aber nach einigen Partien sehr intuitiv sind. Es geht darum seine Mitspieler richtig einzuschätzen (Deduktion) und daraus die richtige Taktik zu entwickeln, ohne ein Kriegsspiel zu sein. Zudem ist es schnell auf und abgebaut.


 

 

 

Nun noch etwas Persönlicheres. Da muss jeder hier durch. Was tust du, wenn du mal nicht spielst?

Momentan gerade, da ich denke, dass du auch Spiele entwickeln ausschließt, mich um meine Tochter kümmern und den Haushalt schmeißen. Außerdem spiele ich in einem Handpuppentheater.

Welches Buch hat dich in letzter Zeit fasziniert und warum?

Derzeit bin ich fasziniert von Fabled Lands – Legenden von Harkuna. Das gab es vor Jahren schon mal als Sagaland. Ich finde es toll, da man die Geschichten selbst erlebt, nie weiß wann es fertig ist und sogar von Buch zu Buch reisen kann.

Was ist dein absoluter Lieblingsfilm und warum sollte man ihn sich ansehen?

Mein Lieblingsfilm ist „Das 5. Element“. Warum sollte man ihn sich ansehen? Ich denke der Film ist sehr speziell und nicht jedermanns Geschmack, das ist aber auch gut so.

Du strandest auf einer Insel mit genügend Spielpartnern, welche 5 Spiele hättest du denn gerne dabei und warum?

OK, die Frage ist nicht ganz einfach. Ich gehe jetzt einfach mal von bereits veröffentlichten Spielen aus.

Als erstes würde ich Ohne Furcht und Adel mitnehmen, da es recht leicht zu spielen ist und der Rollenwahlmechanismus einer meiner Lieblingsmechanismen ist.

Als zweites würde ich Orleáns mit der Invasionserweiterung wählen, so hat man ein doch schon komplexes Spiel, das sowohl miteinander, als auch gegeneinander gespielt werden kann.

Spiel Nummer 3 wäre Kemet. Es hat einen sehr guten Kampfmechanismus und eine Art Entwicklungsbaum, was mir auch sehr gut gefällt.

Als 4. würde ich ein Spiel wählen, was auch mal länger dauern kann und da fiele meine Wahl auf Battlestar Galactica. Ein schönes semi-kooperatives Spiel mit Deduktionselementen, Rollenwahl (am Anfang) und ohne Würfel.

Und schließlich Spiel Nummer 5 – Viticulture. Ich finde ein Workerplacement Spiel sollte dabei sein und da ist das für mich das Beste.

Du landest in der Hölle und wirst gequält, indem du ein Spiel immer und immer wieder spielen musst. Mit welchem könnte man dich am meisten quälen und warum?

Hm, das ist schwer mich mit Spielen zu quälen, außer es ist kein Spiel oder man hat keinerlei Einfluss auf das was man tut. Also ein Spiel, bei dem man nur würfelt, zieht und die Folgen zu ertragen hat. Mir fiele da jetzt „Sicher nach Hause“ ein, obwohl das für Kinder ja wenigstens noch einen erzieherischen Effekt haben kann.

Was wolltest du der Spieleszene schon immer sagen, hast dich aber nie getraut?

Hallo hier bin ich! Ich habe neben Magia cum Laude noch so einige andere Ideen und Prototypen entwickelt, die auch ihre Berechtigung haben.

 


 

Wir möchten uns natürlich bei Conrad für seine Zeit bedanken und wünschen ihm viel Erfolg mit Kickstarter. Eine Faustregel besagt ja, dass, wenn innerhalb der ersten Tage mindesten 50 % der Fördersumme erreicht wurden, das Projekt klappen wird. Diese Hürde hat Magia Cum Laude gemeistert, fehlt nur noch der „kleine“ Rest.

 

Portrait-Christian Renkel-quadratisch-2
Written by Christian Renkel
Christian liebt Brett- und Videospiele mehr, als ausreichenden Schlaf. Dabei ist ihm am wichtigsten, dass er in der jeweiligen Welt versinken kann. Egal, ob es die geschickte Mechanik oder die überkochende Emotion ist.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

You may use these HTML tags and attributes: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>

Danke für deine Meinung