Food Chain Magnate Cover

SPIELSTIL Rezension

Food Chain Magnate – Splotter Spellen – 2015

Lesezeit: 4 Minuten

Ein Spiel entwickelt von Jeroen Doumen, Joris Wiersinga
erschienen bei Splotter Spellen

„Food Chain Magnate“, ein Titel der ehrfürchtig geraunt wird, wenn es um komplexe Spiele geht. Geliebt und Vergöttert, wie auf einem silbernen Tablett getragen. Ich selbst habe einige Zeit gebraucht, bis ich es spielen konnte. Zum einen, weil das Spiel zur meisten Zeit schwer zu einem normalen Preis zu erhalten war. Zum anderen, weil ich nicht wusste, ob ich mir das komplexe Monster – in Erzählungen darüber klang es immer, als ob man ein Studium in „Food Chain Magnatik“ haben muss, um nicht unterzugehen – wirklich antun möchte. Ein Freund hat sich das Spiel zur letzten Auflage bei Splotter Spellen vorbestellt. Die Ausreden gingen aus. Also haben wir es intensiv gespielt, damit ich mir endlich im Klaren sein bin, was ich von „Food Chain Magnate“ halten kann.


Die meisten laufen so sehr dem Genuss nach, dass sie an ihm vorbeilaufen.

(Soren Kierkegaard)

In „Food Chain Magnate“ stellt ihr Mitarbeiter ein, die ihr führt, um ihre Fähigkeiten nutzen zu können. Mit dieser weitet ihr eure Firma immer weiter aus, um Bedürfnisse, die ihr zuvor selbst geschürt habt, zu befriedigen. Ist die Bank zweimal gesprengt endet das Spiel. Es gewinnt, wer am meisten Geld sein Eigen nennt.

In dieser Galerie findet ihr einen kurzen Ablauf des Spiels:

Der Aufbau ist abgeschlossen und wir starten in eine Partie zu dritt. Anders als sonst werde ich euch hier nur unsere eigenen Züge zeigen. Alles andere würde den Rahmen sprengen.
Dies ist die aktuelle Spielerreihenfolge. Wir sind "Santa Maria Pizza" und dementsprechend als zweiter am Zug.
Beginnend mit dem letzten Spieler darf jeder sein erstes Restaurant setzen.
Danach erhält jeder Spiele 3 Reservekarten, von denen er eine aussucht.
Die Reservekarten werden verdeckt neben den Plan gelegt. Diese geben an, wie viel Geld in die Bank kommen wird, sobald sie das erste Mal gesprengt wurde.
Nun beginnt unser erster Zug. Da wir aktuell nur uns selbst haben, dürfen wir genau eine Aktion ausführen. Eine Person einstellen.
Wir wählen ein "Recruiting Girl", womit die aktuelle Runde auch endet, da es sonst noch nichts zu tun/beachten gibt.
In der nächsten Runde bereiten wir unsere Karten vor.
Nachdem jeder so weit ist, werden die Karten offen als Organigramm ausgelegt. Unser CEO kann insgesamt 3 Mitarbeiter führen. Heißt, er kümmert sich um das "Recruiting Girl" und hat dann noch 2 freie Stellen zur Verfügung.
Wer die meisten freien Stellen hat, darf zuerst entscheiden, an welcher Stelle er in der Reihenfolge sein möchte. So wird dann absteigend festgelegt, wer wann am Zug ist.
Wir heuern diese Runde insgesamt zwei neue Mitarbeiter an. Mit dem "Recruiting Girl" einen "Trainer" und mit unserem "CEO" einen "Marketing Trainee". Erneut passiert in dieser Runde sonst nichts.
In der nächsten Runde sieht unser Organigramm so aus. Unser "CEO" hat keine Kapazitäten mehr frei, um weitere Mitarbeiter zu führen, was für diesen Zug jedoch nicht sonderlich schlimm ist.
Als wir an der Reihe sind entscheiden wir uns dazu mit dem "CEO" einen neuen Mitarbeiter einzustellen, der sofort mit dem "Trainer" verbessert wird.
In der Übersicht können wir nachsehen, in welche Richtung sich welcher Mitarbeiter entwickeln kann. Ganz links sind die ungelernten Kräfte. Durch Einsatz des "Trainers" können wir sofort auf die zweite Spalte zugreifen.
Wir werfen also einen kurzen Blick in die Auslage.
Dann entscheiden wir uns für einen "Junior Vice President". Da wir die ersten sind, die einen Mitarbeiter geschult haben, erhalten wir den passenden Meilenstein.
Unser "Recruiting Girl" stellt einen "Errand Boy" ein.
Mit unserem "Marketing Trainee" starten wir die erste Plakat-Kampagne, wodurch wir auch diesen Meilenstein erreichen.
Die Plakatwand setzen wir direkt neben das Haus 12. Wir werben für Softdrinks. Unser Meilenstein sorgt dabei dafür, dass die Marketing-Kampagne nie enden wird.
Schon erhalten wir den nächsten Meilenstein dafür, dass wir als erstes einen Drink beworben haben.
Essen wird die Runde keines verkauft, aber dafür müssten die ersten Gehälter gezahlt werden. Jeder Mitarbeiter mit einem aufgedruckten Geldbündel kostet 5 Dollar. Unser Meilenstein fängt davon jedoch 15 Dollar auf, so dass wir nichts bezahlen müssen.
Am Ende der Runde produziert die Werbung den ersten Bedarf. Alle Plakate betreffen dabei die Häuser die direkt angrenzend sind. Haus Nummer 4 möchte einen Burger, und Nummer 12 einen Softdrink.
In der nächsten Runde bereiten wir wieder unsere Mitarbeiter vor.
Unser Organigramm sieht wie folgt aus. Unter dem "CEO" sitzt nun der "Junior Vice President" der auch 3 Arbeiter führen kann. Heißt, wir könnten inzwischen mit der richtigen Kombination 6 Mitarbeiter unter unserem "CEO" platzieren.
Wir beginnen damit, dass wir unseren "Errand Boy" losschicken, um einen Softdrink aufzutreiben. Da wir leider nicht der erste sind, der Getränke besorgt, erhalten wir hierfür keinen Meilenstein.
Unser "CEO" arbeitet wieder mit dem "Trainer" zusammen, um einen "New Business Developer" einzustellen.
Das "Recruiting Girl" stellt einen weiteren "Trainer" ein.
In dieser Runde wird zum ersten Mal verkauft. Unser Haus Nummer 12 möchte einen Softdrink haben. Unser Restaurant ist am nächsten, so, dass wir die Lieferung durchführen. Wir geben einen Softdrink ab und entfernen den Marker vom Haus.
Dafür erhalten wir 15 Dollar. 10 Dollar Grundeinkommen plus 5 Dollar für unseren Meilenstein.
Erneut sparen wir uns Gehälter durch unseren Meilenstein.
Am Ende des Zuges wird der Bedarf wieder aufgefüllt.
Kommen wir zu unserer letzten Beispielsrunde, in der wir 6 Mitarbeiter ausspielen.
Das ist unser Organigramm. Alle verfügbaren Plätze sind belegt.
Wir beginnen mit dem "New Business Developer".
Mit diesem spendieren wir Haus Nummer 12 einen Garten, was unter anderem den Ertrag erhöht.
Unser "Errand Boy" besorgt wieder einen Softdrink.
Zusammen mit den "Trainern" werden über den "CEO" und das "Recruiting Girl" ein "Junior Vice President" und ein "Campaign Manager" eingestellt.
Erneut können wir diese Runde den Softdrink liefern. Diesmal erhalten wir jedoch 25 Dollar dafür. 10 Dollar Grundpreis. Dieser wird durch den Garten auf 20 Dollar verdoppelt. Zusätzlich bringt uns unser Meilenstein weitere 5 Dollar ein. 

Wir überschreiben dabei die 20 Dollarmarke, die uns den nächsten Meilenstein einbringt.
Dieser Meilenstein erlaubt es uns einen Blick auf die Reservekarten zu werfen. Wir sehen, dass, sobald die Bank gesprengt wurde (heißt kein Geld mehr vorhanden ist) diese wieder mit 600 Dollar befüllt wird. Außerdem legen die Karten fest, dass unser "CEO" ab diesem Zeitpunkt 4 Mitarbeiter führen kann.
Zuletzt müssen wir das erste Mal Gehälter zahlen. 5 Dollar bleiben nach Abzug des Meilensteins übrig.
So geht das Spiel weiter, bis die Bank ein zweites Mal gesprengt wurde. Dabei werden noch viele weitere Mitarbeiter mit ihren speziellen Fähigkeiten genutzt. In diesem Bild hat zum Beispiel die platzierte Radiowerbung dafür gesorgt, dass plötzlich alle Haushalte 2 Pizzen haben möchten, was die Planung manches Spielers zerstört hat.

Wer am Ende das meiste Geld hat, gewinnt das Spiel.

Der Appetit kommt mit dem Essen – aber noch mehr beim Fasten.

(Willy Millowitsch)

Die gute Nachricht. Von den Regeln her ist „Food Chain Magnate“ gar nicht so schlimm. Die Abläufe sind verständlich und nur wenige Details sind nicht auf den ersten Blick eingängig. Dennoch ist das Spiel ein Monster in der Komplexität. Das liegt jedoch an der Fülle an Möglichkeiten. Die Menge an Arbeitern und wie man sie kombiniert. Zusätzlich haben wir einen dynamischen Markt, der durch Werbung gezielt beeinflusst werden kann, um Mitspieler in die Parade zu fahren. Das Spiel kann so für Euro-Verhältnisse ziemlich aggressiv wirken. Ist der Anfang noch recht harmlos und mit einem netten Aufbaucharakter verbunden, kann eine gezielt eingesetzte Marketingkampagne dafür sorgen, dass ein Spieler nicht mehr rechtzeitig auf die Füße kommen wird. Das muss man abkönnen, wenn man es mit „Food Chain Magnate“ aufnimmt.

Außerdem sollte man sich im Klaren sein, dass mit jeder Runde die Komplexität der Aktionen zunimmt. Man erhält mehr Mitarbeiter und dadurch mehr Möglichkeiten. Je nachdem, wie man spielt, geschieht das sehr schnell. Zusätzlich wird man vor allem zu Beginn mit Meilensteinen überschüttet, was nicht nur ein wenig bestimmt, wie man sich wahrscheinlich entwickeln wird, sondern auch, was in jedem Zug beachtet werden muss.

Wo wir schon bei den Meilensteinen sind. Von diesen gibt es meiner Meinung nach einfach zu viele. Vor allem in den ersten Zügen hagelt es sie an allen Ecken und Enden. Ich weiß, sie sollen einem einen kleinen Bonus bescheren. Aber in der Menge fühlen sie sich zu wenig als Belohnung an.

Dennoch ist „Food Chain Magnate“ natürlich ein sehr interessantes Spiel voller wichtiger Entscheidungen, welches mir jedoch regelmäßig über den Kopf wächst. Egal, wie häufig ich es spiele, ich erreiche irgendwann immer den Punkt, an dem mein Hirn, fast schon einem Blackout gleich, abschaltet. Einen Punkt, an dem ich nicht mehr agiere, sondern eher kopflos reagiere. Der oben erwähnte Eigentümer des Spiels hat mir da einiges voraus. Er weiß bis zuletzt, was er tut und fahrt so einen Sieg nach dem nächsten ein. Ich bin glücklicherweise kein schlechter oder nachtragender Verlierer, der ein Spiel nur abwertet, weil er nicht gewinnt, aber mir persönlich hätte „Food Chain Magnate“ etwas abgespeckt besser gefallen.

Als nächstes werde ich das Gefühl nicht los, dass viele Partien eigentlich bereits nach 4 – 5 Runden entschieden sind. Denn der erfolgreiche Spieler wird noch weiter belohnt, so dass er es gegenüber seinen Gegnern einfacher hat. Als Beispiel sei der Meilenstein „habe als erster 100 Dollar Vermögen“ genannt. Dieser schaltet beispielsweise frei, dass ein Spieler ab nun 50 % mehr Einnahmen hat. Heißt, statt 100 verdient er nun 150 Dollar. Andere Spieler müssen hierfür einen „CFO“ einstellen, der in jeder Runde aktiviert werden muss, während der Meilenstein kostenlos mitläuft. Zum Glück dauert eine Partie, wenn alle geübt sind, nicht übermäßig lange. Denn es gibt nichts schlimmeres, als dem Sieger 2 weitere Stunden beim Gewinnen zusehen zu müssen, während man selbst abgeschlagen ist. Das Timing hat „Food Chain Magnate“ recht gut hinbekommen.

Viele bemängeln beim ersten Kontakt die optische Aufmachung. Ich persönlich finde diese jedoch gelungen. Ich mag den grafischen Stil der Schachtel und Karten. Klar hätte man beim Spielplan mehr Details einfügen können. Aber auch ohne die Ablenkung durch schmückende Grafiken werdet ihr in Situationen kommen, in denen ihr nur schwer den Überblick behalten könnt. Dementsprechend denke ich, dass es wichtiger ist praktikabel, als hübsch zu sein.

Für mich bleibt „Food Chain Magnate“ ein interessantes Spiel, welches mir aber häufig zu anstrengend ist. Manch Spieler lobt genau dieses und zieht seine Faszination daraus. An vielen Tagen kann ich dem Spiel dann auch genügend abgewinnen, um eine Partie zu bestreiten. Dennoch zieht es mich persönlich dann doch zu etwas einfacheren Titeln hin, bei denen ich nicht am besten 8 Züge im Voraus planen muss, sondern gemütlich spielen kann und dennoch gefordert bin.

Food Chain Magnate

Splotter Spellen 2015


Autor: Jeroen Doumen, Joris Wiersinga
Dauer: ca. 120 – 240 Minuten
Spieler: 2 – 5
Schwierigkeit: Profis

Anmerkungen

Food Chain Magnate – Splotter Spellen – 2015 von Jeroen Doumen, Joris Wiersinga

Food Chain Magnate Cover

  • Erscheint bei Splotter Spellen
  • Für 2 – 5 Spielende und dauert ca. 120 – 240 Minuten
  • Am besten geeignet für Experten

Spielstil – Wertung

Christian:

7/10

Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar selbst gekauft.

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Written by Christian Renkel
Christian liebt Brett- und Videospiele mehr, als ausreichenden Schlaf. Dabei ist ihm am wichtigsten, dass er in der jeweiligen Welt versinken kann. Egal, ob es die geschickte Mechanik oder die überkochende Emotion ist.
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